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b) Sind der Bundesregierung die Projekte mBRIDGE, Multi-CBDCs, Project AURUM und Genesis 2.0 beispielsweise aus Beratungen auf G20-Ebene bekannt, und wenn ja, welche Bedeutung haben nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Projekte mBRIDGE, Multi- CBDCs, Project AURUM und Genesis 2.0 für die Tokenisierung des Geldwesens und des internationalen Zahlungsverkehrs (www.bis.org/ about/bisih/topics/cbdc/mcbdc_bridge.htm; www.g20-insights.org/po licy_briefs/inclusive-economic-development-principles-for-integratin g-central-bank-digital-currencies-in-g20-countries/)?
Zu „Multi-CBDCs“ verweist die Bundesregierung auf die Antwort zu Frage 21a. Bei dem Projekt „mBridge“ handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um ein gemeinsames Projekt des BIZ Innovation Hub Centre in Hong Kong, der Hong Kong Monetary Authority, der People’s Bank of China, der Zentralbanken der Vereinigten Arabischen Emirate und Thailands sowie privater Projektpartner mit dem Ziel, währungsübergreifende Transaktionen in Wholesale-CBDC über eine gemeinsame Plattform abzuwickeln. Bei dem Projekt „Aurum“ handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um ein gemeinsames Projekt des BIZ Innovation Hub Centre in Hong Kong mit der Hong Kong Monetary Authority und dem Hong Kong Applied Science and Technology Research Institute. Das Projekt dient nach Kenntnis der Bundesregierung der Entwicklung eines zweistufigen CBDC-Systems, das einen Wholesale CBDC für die Abwicklung von Interbankenzahlungen mit einem für Endkunden (Retail) gedachten E-Wallet-System verbindet, das zwei unterschiedliche Formen von Token unterstützt: über Geschäftsbanken an Endkunden verteilte Retail-CDBC-Token sowie durch den Wholesale CBDC gestützte Stablecoins (nähere Informationen finden sich unter www.bis.org/publ/ othp57.pdf, abgerufen am 10. Mai 2023). Bei dem Projekt Genesis 2.0 (nähere Informationen finden sich unter www.bis. org/publ/othp58.pdf, abgerufen am 10. Mai 2023) handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung nicht um ein Projekt im Bereich der „Tokenisierung des Geldwesens“ oder des internationalen Zahlungsverkehrs, sondern um eine digitalisierte Form einer „grünen Anleihe“ (green bond), bei der der Emittent sich zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen verpflichtet und digitale Technologien zur Prüfung der Minderungsziele genutzt werden.
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c) Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Wechselkurse der großen Währungen bestimmt?
Der Wechselkurs X/Y ist das Austauschverhältnis der Währung X zur Währung Y. Im System flexibler Wechselkurse bildet sich dieses Verhältnis durch Angebot und Nachfrage nach den Währungen X und Y auf dem Devisenmarkt. Dies trifft beispielsweise für den Wechselkurs Euro/US-Dollar zu. Im Übrigen ist der aktuelle Stand weltweiter Wechselkursregelungen auf der Website der Bundesbank abrufbar unter: www.bundesbank.de/resource/blob/804122/a1fc80dcc7d2 cbb29de42881d7ed1987/mL/vi-weltweise-wechselkursregelungen-und-geldpol itischer-rahmen-data.pdf (abgerufen am 10. Mai 2023).
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d) Welche Auswirkungen auf die Wechselkursbestimmung hätte nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Einführung von mCBDCs?
Die Einführung etwaiger CBDC hätte keinen Einfluss auf die Logik der Bestimmung von Wechselkursen durch Angebot und Nachfrage auf dem Devisenmarkt im System flexibler Wechselkurse, wie etwa für den Euro.
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22. Wie lange wird nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Realisierungsphase von CBDCs (Retail- und Wholesale) voraussichtlich dauern? Welche Schritte müssten dabei umgesetzt werden, und wo liegt die besondere Verantwortung der Bundesregierung dabei konkret?
Hinsichtlich der laufenden Arbeiten des Eurosystems betreffend eine mögliche Retail-Variante eines digitalen Euro, erwartet die EZB nach Kenntnis der Bundesregierung im Herbst 2023 eine Entscheidung des EZB-Rates, ob das Projekt mit weiteren vorbereitenden Arbeiten fortgesetzt werden soll. Vorausgesetzt der gesetzliche Rahmen wäre bis dahin festgelegt, geht das Eurosystem nach Kenntnis der Bundesregierung davon aus, einen digitalen Euro hypothetisch frühestens Ende 2026 einführen zu können. Zu den zeitlichen Planungen betreffend eine mögliche Wholesale-Variante eines digitalen Euro oder den Planungen anderer Währungsräume für die Einführung von CBDCs (Retail- oder Wholesale) weltweit liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor.
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23. Könnten nach Kenntnis der Bundesregierung Regierungen der Mitgliedsländer des Eurosystems, also entsprechend auch die deutsche Regierung, „digitale Münzen“ herausgeben, insofern es sich bei Retail-CBDCs um ein Äquivalent zu Münzbargeld handeln würde (bitte erläutern)?
Inwieweit es sich bei der konkreten Ausgestaltung eines digitalen Euro als Retail-CBDC um ein Äquivalent zu Münzbargeld handeln würde, ist nach Kenntnis der Bundesregierung noch offen und kann daher noch nicht bewertet werden.
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24. Handelt es sich nach Ansicht der Bundesregierung bei Retail-CBDCs um bewegliche Sachen, da sie die digitalen resp. immateriellen Äquivalente zu dem von einer Zentralbank ausgegebenen Schein- und Münzbargeld darstellen, und wenn ja, a) befände sich der Retail-CBDC-Euro also im Sachen- und nicht im Schuldrecht, b) fände eine Übereignung ohne Dritte anstatt über Dritte statt, c) wäre somit auch keine Verzinsung möglich, wie es im Schuldrecht der Fall wäre (bitte erläutern)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung können Retail-CBDC sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. Ihre zivilrechtliche Einordnung hängt ebenso wie die Frage, inwieweit ein Retail-CDBC ein Äquivalent zu Schein- oder Münzbargeld darstellen würde, von der jeweils konkreten Ausgestaltung ab. Vor diesem Hintergrund ist eine Prognose, wie Retail-CBDCs künftig zivilrechtlich zu behandeln wären, aktuell nicht möglich. Dessen ungeachtet sind digitale Äquivalente zu Münzen, Geldscheinen und Banknoten mangels Verkörperung keine Sachen im Sinne des § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).
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25. Soll nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung die Transaktionsvalidierung bei Retail-CBDCs nur online durch Dritte oder auch offline (über gesicherte Hardware) erfolgen? Welche Vor- und/oder Nachteile wären damit verbunden (twitter.com/c_ lindner/status/1589582193139253248?lang=de; Unterrichtung durch das Bundesministerium der Finanzen; Nachbericht zu der Sitzung der Eurogruppe und des ECOFIN-Rates am 16. und 17. Januar 2023, S. 2)?
Betreffend die Arbeiten des Eurosystems zu einem digitalen Euro setzt die Bundesregierung sich dafür ein, dass das Eurosystem neben einer Online-Variante auch an einer Offline-Variante arbeitet. Diese würde Zahlungsvorgänge ohne Internetverbindung ermöglichen und könnte auch ein Mittel für mehr finanzielle Inklusion sein.
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26. Wären Retail-CBDCs nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung das digitale Äquivalent zu Münz- oder zu Banknotenbargeld (bitte erläutern)?
Inwieweit Retail-CBDCs ein digitales Äquivalent zu Münz- oder zu Banknotenbargeld bilden, hängt von der jeweils konkreten Ausgestaltung ab (siehe auch Antwort zu Frage 24).
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27. Gibt es Überlegungen der Bundesregierung, „digitale Münzen“ herauszugeben, um beispielsweise mit dem Seigniorage-Gewinn den Bundeshaushalt aufzubessern? a) Wäre dies Deutschland nach Erkenntnissen der Bundesregierung nach EU-Recht bzw. den Statuten des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) erlaubt? b) Wenn Frage 27 bejaht wird, warum?
Es gibt keine Überlegungen der Bundesregierung, „digitale Münzen“ herauszugeben. Daher ist eine rechtliche Prüfung eines entsprechenden Vorhabens am Maßstab des EU-Rechts bzw. den Statuten des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) bislang nicht erfolgt.
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28. Werden Münz- und Banknotenbargeld von der Bundesregierung als bewegliche Sachen angesehen und unterliegen damit zivilrechtlich dem Sachenrecht (bitte begründen)?
Münzen, Geldscheine und Banknoten sind als körperliche Gegenstände Sachen im Sinne von § 90 BGB. Im Umkehrschluss aus § 935 Absatz 2 BGB ergibt sich, dass Münzen, Geldscheine und Banknoten bewegliche Sachen im Sinne des BGB sind. Nach § 935 Absatz 2 BGB sind die Regelungen zum gutgläubigen Erwerb von abhandengekommenen Sachen nicht auf Geld anwendbar, soweit es in Form von Münzen, Geldscheinen und Banknoten als Verkehrsgeld anerkannt oder als inländisches gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen ist. § 935 BGB befindet sich im Titel „Erwerb und Verlust des Eigentums an beweglichen Sachen“.
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29. Werden Retail-CBDCs analog zum Bargeld von der Bundesregierung als bewegliche Sachen angesehen und unterlägen damit ebenfalls dem Sachenrecht (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)? a) Wo müsste dies nach Erkenntnissen der Bundesregierung geregelt werden, falls es Unsicherheiten diesbezüglich geben sollte? b) Wer müsste bzw. dürfte dies nach Erkenntnissen der Bundesregierung auf welchem Wege festlegen? c) Welche Auswirkungen hätte dies nach Erkenntnissen der Bundesregierung ggf. für andere Rechtsgebiete, z. B. das Insolvenzrecht?
Die Fragen 29 bis 29c werden zusammen beantwortet. Das Insolvenzrecht knüpft stets an die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgefundene vermögensrechtliche Lage und damit auch deren rechtliche Konfiguration an. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen.
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30. Welche Schwierigkeiten sieht die Bundesregierung ggf. bei der „Übersetzung“ von digitalen Erscheinungsformen von Geld insbesondere von Zentralbankgeld in traditionelle Rechtskonzepte, und hält die Bundesregierung die Schaffung einer rechtlichen Infrastruktur de lege ferenda für erforderlich (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)? a) Wenn ja, warum, und in welchen Bereichen? b) Wenn nein, warum nicht?
Die Fragen 30 bis 30b werden zusammen beantwortet. Die rechtliche Behandlung digitaler Erscheinungsformen von Geld, einschließlich von digitalem Zentralbankgeld, hängt von ihrer jeweils konkreten Ausgestaltung ab. Generell gilt, dass gesetzliche Regelungen, deren Anwendung nicht auf eine bestimmte Technologie beschränkt sind, auch auf digitale Erscheinungsformen von (Zentralbank-)Geld anwendbar sein können.
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31. Dürfen die EZB und/oder Nationalen Zentralbanken (NZBs) des Eurosystems nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung Konten für jedermann eröffnen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6), und wenn nein, a) dürfte das Eurosystem demnach nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung nicht jedermann ein Zentralbankkonto-Zugang resp. ein TARGET-2-Konto gewähren (Handelsblatt, 11. Februar 2010, Thalanx – Kein Bundesbankkonto für Talanx; www.handels blatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/versicherung-kei n-bundesbankkonto-fuer-talanx/3367462.html), b) wären Retail-CBDCs auf Basis von Konten beim Eurosystem nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung für jedermann unzulässig, c) wäre durch Konten für jedermann beim Eurosystem der Auftrag des ESZB gemäß den Artikeln 17, 18, 19, 21, 22, 23 des ESZB-Statuts, ein zweistufiges Bankensystem gewissermaßen in Public-Private-Partnership mit den Geschäftsbanken zu ermöglichen, nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung konterkariert, d) welche Rechte und Pflichten hätte das Eurosystem hinsichtlich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT), sollten nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung Retail-CBDCs als Konten für jedermann beim Eurosystem ausgestaltet sein (Europäische Kommission, 20. Juli 2021, Fragen und Antworten: Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (AML/CFT); ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/qanda_21_3689), e) könnte das Eurosystem nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung die Kontoführung an Intermediäre, insbesondere z. B. Geschäftsbanken, auslagern, obwohl es in Artikel 9.2 des ESZB-Statuts heißt: „Die EZB stellt sicher, dass die dem ESZB nach Artikel 105 Absätze 2, 3 und 5 dieses Vertrags übertragenen Aufgaben entweder durch ihre eigene Tätigkeit nach Maßgabe dieser Satzung oder durch die nationalen Zentralbanken nach den Artikeln 12.1 und 14 erfüllt werden“ (S. 8, www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/ecbinstitu tionalprovisions2004de.pdf) (bitte erläutern)?
Die Fragen 31 bis 31e werden zusammen beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung sehen die aktuellen Überlegungen der Zentralbanken des Eurosystems zum digitalen Euro nicht vor, dass die EZB oder nationale Zentralbanken Konten für jedermann eröffnen würden. Nach den Vorstellungen des Eurosystems würde der digitale Euro zwar bilanziell eine Verbindlichkeit der Zentralbanken darstellen – wie dies heute auch beim Bargeld der Fall ist. Es wären aber nicht die Zentralbanken, sondern beaufsichtigte Intermediäre (in der Regel Geschäftsbanken und/oder andere Zahlungsdienstleister), die für die Verteilung des digitalen Euro an die Endnutzer verantwortlich wären, einschließlich der Eröffnung von Konten oder Wallets (vergleiche EZB/Eurosystem, Progress on the investigation phase of a digital euro – second report, S. 4 f., abrufbar unter www.ecb.europa.eu/paym/digital_euro/investigati on/governance/shared/files/ecb.degov221221_Progress.en.pdf; Stand: 3. April 2023).
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32. Unterlägen Retail-CBDCs in Kontenform („account“) bei Geschäftsbanken nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung der Einlagensicherung oder wären sie von der Insolvenz einer Geschäftsbank unberührt (bitte erläutern)? 33. Unterlägen Giralgeld-Token von Geschäftsbanken nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung der Einlagensicherung, oder wären sie von der Insolvenz einer Geschäftsbank unberührt (bitte erläutern)?
Die Fragen 32 und 33 werden zusammen beantwortet. Von der gesetzlichen Einlagensicherung erfasst sind im Wesentlichen Kontoguthaben, Festgelder und Spareinlagen, die auf einem Konto verblieben sind und von einem CRR-Kreditinstitut nach den geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen zurückzuzahlen sind, sofern nicht die Entschädigung gesetzlich ausgeschlossen ist (vergleiche § 2 Absatz 3 und 4, § 6 des Einlagensicherungsgesetzes). Von der Insolvenz der Bank unberührt bleiben Vermögenswerte, für die der Kunde ein Recht auf Aussonderung nach den §§ 47, 48 der Insolvenzordnung geltend machen kann, etwa weil er (wie im Fall der Wertpapierverwahrung nach dem Depotgesetz) Eigentümer oder Treugeber der Werte geblieben ist. Inwiefern ein Retail-CBDC oder ein Giralgeld-Token in eine der vorgenannten Kategorien fällt, hängt von der rechtlichen und technisch-operativen Ausgestaltung ab.
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34. Befänden sich Wholesale-CBDCs nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung im Schuldrecht, insofern sie analog zu Einlagen von Geschäftsbanken und anderen Geschäftspartnern des ESZB ausgestaltet werden würden (bitte erläutern)?
Über die genaue technische Ausgestaltung eines möglichen Angebots von Wholesale-CBDC des Eurosystems ist bisher noch keine Entscheidung getroffen worden (siehe auch die Antwort zu Frage 14). Die rechtliche Einordnung hängt von der konkreten Ausgestaltung eines Wholesale-CBDC ab.
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35. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Moderne Monetäre Theorie (MMT) und/oder die Money View Theorie (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 17 bis 19) vor? a) Wenn ja, hat sich die Bundesregierung dazu eine Position erarbeitet bzw. hängt die Bundesregierung bei der Bewertung von CBDCs und deren Bedeutung für die Finanzmärkte der staatszentrierten Modernen Monetären Theorie (MMT) an, die besagt, dass es sich bei Zentralbankgeld um Außengeld (Outside Money) handelt, oder der marktbasierten Money View Theorie, die besagt, dass es sich bei chartalem und giralem Zentralbankgeld um Innengeld (Inside Money) und nur bei Warengeld (commodity money) um Außengeld handelt (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 19 und 23, bitte erläutern)? b) Wenn nein, warum nicht, obwohl diese finanzwissenschaftlich und öffentlich mit teils massiven politischen Implikationen diskutiert werden (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 18 bis 20)?
Die Fragen 35 bis 35b werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung verfolgt aktuelle geldpolitische und -theoretische Diskussionen insoweit sie ihr Aufgabengebiet betreffen. Die geldpolitische und geld-theoretische Bewertung einer etwaigen Einführung von CDBC hängt insbesondere von der konkreten Ausgestaltung der CBDC-Merkmale ab.
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36. Ließen sich Kryptoassets nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung als digitales Warengeld klassifizieren (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 16 und 23, bitte erläutern)?
Warengeld hat neben seinem Tauschwert auch einen Gebrauchswert oder wird mit Gütern hinterlegt, die einen solchen Gebrauchswert besitzen. In letzterem Fall spricht man von einem „commodity money standard“ (z. B. A. Rolnick und W. Weber (1997), Money, inflation, and output und fiat and commodity money standards, Journal of Political Economy, 105(6), S. 1308 bis 1321). Dies trifft auf Kryptowerte nach Kenntnis der Bundesregierung nicht zu.
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37. Handelt es sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung bei CBDCs um Innengeld (Inside Money) oder Außengeld (Outside Money; siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 23, bitte nach Retail- und Wholesale-CBDC differenziert erläutern)?
Sowohl bei Retail- als auch bei Wholesale-CBDC handelt es sich um Außengeld. Innen- und Außengeld unterscheiden sich nach Kenntnis der Bundesregierung darin, dass Innengeld innerhalb des Privatsektors einen Nettowert von null hat, da es die Verbindlichkeit eines Teils des Privatsektors gegenüber einem anderen Teil des Privatsektors darstellt. Außengeld wird hingegen außerhalb des Privatsektors bereitgestellt, beispielsweise durch die Zentralbank. Bei- de Arten von digitalem Zentralbankgeld würden durch die Zentralbank bereitgestellt, so dass sie als Außengeld klassifiziert werden könnten (zur Unterscheidung zwischen Innen- und Außengeld siehe R. Lagos (2006); Inside and outside money, Research Staff Report, NO. 374, Federal Reserve Bank of Minneapolis).
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38. Welche Anwendungsfälle von CBDCs (Retail und Wholesale) zieht die Bundesregierung in Betracht (twitter.com/c_lindner/status/15895821931 39253248; www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/ Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_VII/19_Legislaturpe riode/2019-03-07-Eckpunktepapier-Wertpapiere-Krypto-Token/Stellung nahme-FintechRat.pdf?__blob=publicationFile&v=2), und welche Optionen für den Zahlungsverkehr kommen in Betracht (siehe u. a. Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 34)?
Die Untersuchungen des Eurosystems zu einem digitalen Euro (Retail-Variante) als Ergänzung zum Bargeld, der als gesetzliches Zahlungsmittel in Europa für alle zugänglich und allgemein einsetzbar ist, begleitet die Bundesregierung konstruktiv. Nach Kenntnis der Bundesregierung konzentriert das Eurosystem seine Arbeiten derzeit auf Anwendungsfälle des verbrauchernahen Massenzahlungsverkehrs (Zahlungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern untereinander, Zahlungen von Verbraucherinnen und Verbrauchern an Händlerinnen und Händler, Zahlungen zwischen Verbraucherinnen und Verbrauchern und staatlichen Stellen). Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, auch verstärkt zu untersuchen, welche Rolle digitales Zentralbankgeld ggf. bei der Abwicklung von wirtschaftsnahen Zahlungen (z. B. zwischen Unternehmen) spielen könnte. Betreffend eine mögliche Wholesale-Variante eines digitalen Euro wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen.
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a) Ist nach Erkenntnissen der Bundesregierung die geldseitige Abwicklung Smart-Contract-basierter Geschäftsfälle mit dem konventionellen Zahlungsverkehr darstellbar (bitte erläutern)?
Die geldseitige Abwicklung von Geschäften, die auf sogenannten „Smart Contracts“ basieren, könnte mit dem konventionellen Zahlungsverkehr darstellbar sein, wenn eine technische Brücke, die sogenannte Trigger-Lösung, eingebaut wird. Das Grundprinzip einer solchen Trigger- oder auch Bridge-Lösung ist bekannt und erprobt, nähere Angaben zur Performanz müssen noch erprobt werden. Für nähere Details, einschließlich möglicher Einschränkungen einer solchen Lösung in der Umsetzung und Anwendbarkeit, verweist die Bundesregierung auf den Bericht „Geld in programmierbaren Anwendungen“ einer Arbeitsgruppe der Deutschen Bundesbank und des Bundesministeriums der Finanzen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft von Dezember 2020 (www.bundesbank.de/resource/blob/855080/941264701eb3f1a67ef68158 31c9e40a/mL/2020-12-21-programmierbare-zahlung-anlage-data.pdf).
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27,289
b) Können nach Erkenntnissen der Bundesregierung 24/7-Zahlungen mithilfe von Instant Payments im Euroraum hinreichend abgedeckt werden (bitte erläutern)?
Nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission über Echtzeitüberweisungen (COM (2022)546 final) müssten Zahlungsdienstleister, die ihren Kundinnen und Kunden eine Teilnahme am Überweisungsverkehr anbieten, für Echtzeitzahlungen an jedem Kalendertag im Jahr 24 Stunden erreichbar sein. Nach Kenntnis der Bundesregierung werden Echtzeitüberweisungen in Euro von vielen Kreditinstituten im Euroraum bereits angeboten, aber in unterschiedlichem Maße von Bankkundinnen und Bankkunden genutzt.
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27,291
d) Wären private Krypto-Token und Stablecoins nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung technisch in der Lage, die mannigfachen Anwendungsfälle geldseitig abzuwickeln (bitte erläutern)?
Der Bezug der Frage ist unklar. Die Bundesregierung versteht die Frage so, dass sie sich auf Anwendungsfälle bezieht, wie sie in dem Bericht „Geld in programmierbaren Anwendungen“ einer Arbeitsgruppe der Deutschen Bundesbank und des Bundesministeriums der Finanzen gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft von Dezember 2020 (www.bundesbank.de/resour ce/blob/855080/941264701eb3f1a67ef6815831c9e40a/mL/2020-12-21-progra mmierbare-zahlung-anlage-data.pdf) untersucht wurden. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist aus technischer Sicht – mit Einschränkungen betreffend etwa die Wertstabilität und Interoperabilität – nicht auszuschließen, dass private Kryptowerte einschließlich sogenannter „Stablecoins“ für die Abwicklung von Zahlungen in programmierbaren Anwendungen eingeschränkt geeignet sein könnten. Für nähere Details verweist die Bundesregierung auf den Bericht „Geld in programmierbaren Anwendungen“ (siehe oben). Zur möglichen Rolle von Kryptowerten einschließlich sogenannter Stablecoins im Zahlungsverkehr wird auf die Antwort zu Frage 77 verwiesen.
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39. In welcher Form bezieht die Bundesregierung die Privatwirtschaft bei der Entwicklung des digitalen Zentralbankgeldes (CBDCs) ein (siehe u. a. Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 5, 10, 28 und 29)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung bezieht das Eurosystem im Rahmen der Untersuchungsphase zum digitalen Euro (Retail-CBDC) die betroffenen Marktteilnehmer umfassend ein. Die Einbeziehung erfolgt nach Kenntnis der Bundesregierung z. B. über (i) Marktkontaktgruppen wie das Euro Retail Payments Board (ERPB) auf europäischer Ebene und das Forum Zahlungsverkehr der Deutschen Bundesbank auf nationaler Ebene, sowie der Market Advisory Group (MAG), in der Experten aus dem Zahlungsverkehr das Eurosystem beraten (ii) Umfragen und (iii) Mitarbeit privater Akteure an technischen Merkmalen eines digitalen Euro (z. B. im Rahmen von Prototyping-Aktivitäten oder einer Marktuntersuchung). Zudem bestehen seitens des Eurosystems zahlreiche Dialoge mit einzelnen Sektoren sowohl der Angebots- als auch der Nachfrageseite sowie der akademischen Forschung.
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27,293
a) Was tut die Bundesregierung, damit eine starke heimische B2B-Netzwerk-Plattform auf DLT-Basis organisch zu globaler Bedeutung (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 5 und 10) heranwachsen kann? b) Wäre bzw. ist eine solche starke heimische B2B-Netzwerk-Plattform auf DLT-Basis im Sinne der Digitalstrategie der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 20/3329, www.bundestag.de/presse/hib/kurz meldungen-909556) für die Bundesregierung wünschenswert?
Die Fragen 39a und 39b werden zusammen beantwortet. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP haben die Regierungsparteien im Dezember 2021 das Ziel vereinbart, den Standort Deutschland im Bereich der Finanzinnovationen weiter zu stärken. In Bezug auf den Einsatz neuer Technologien wie DLT im Finanzmarkt sollen Chancen genutzt werden und ein angemessener regulatorischer und aufsichtlicher Rahmen für potenzielle Risiken geschaffen werden. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, hat die Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr im August 2022 ihre Digitalstrategie vorgestellt. Diese bildet ein gemeinsames Dach für die digital-politischen Schwerpunkte der Bundesministerien und formuliert Ziele für den digitalen Fortschritt bis 2030. Die Bundesregierung betont in ihrer Digitalstrategie das Potenzial der Nutzung von digitalen Technologien für Innovation, wirtschaftliche Dynamik und die Sicherung von zukunftssicheren Arbeitsplätzen. Hierfür braucht es eine zeitgemäße digitale Ordnungspolitik für fairen Wettbewerb und ein Level-Playing-Field mit gleichen Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Europäischen Union. Die Bundesregierung setzt sich entsprechend der vorgenannten Zielstellung auf europäischer und internationaler Ebene für einen verlässlichen rechtlichen Rahmen für neue Technologien wie DLT ein. Auf europäischer Ebene hat sich die Bundesregierung hierfür z. B. aktiv in die Verhandlungen der europäischen Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCa, angenommen durch den Rat für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) am 16. Mai 2023) wie auch in die Verhandlungen der europäischen Verordnung zu „Digital Operational Resilience“ (Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 27. Dezember 2022) und den Verhandlungen zur europäischen Verordnung zu einem „DLT Pilot Regime“ (Inkrafttreten am 23. März 2023 für drei Jahre) eingebracht. Diese Vorhaben tragen zur Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit Europas beim Einsatz digitaler Technologien – auch auf DLT Basis – im Finanzsektor bei.
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27,294
40. Sollen CBDCs nach Erkenntnissen der Bundesregierung (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6) nach den Plänen der EZB verzinst werden, und wenn ja, abweichend vom EZB-Einlagezinssatz z. B. bei Retail-CBDCs? a) Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine Verzinsung auf Retail-CBDCs anzustreben und dass die Möglichkeit, eine Verzinsung einzuführen, zweckdienlich ist und die Retail-CBDCs entsprechend gestaltet werden sollten (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)? b) Wenn nein, plant die Bundesregierung Maßnahmen, um dies zu verhindern?
Die Fragen 40 bis 40b werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung begleitet die Untersuchungsphase des Eurosystems betreffend einen digitalen Euro konstruktiv und vertritt ihre Positionen, wenn und soweit dies im Prozess angezeigt ist. Die Bundesregierung sieht den digitalen Euro als eine Ergänzung zum Bargeld und setzt sich für eine an den Grundeigenschaften des Bargelds orientierte Ausgestaltung eines digitalen Euro ein. Ein digitaler Euro sollte als Zahlungsmittel und nicht zur Geldanlage verwendet werden, um die Auswirkungen auf die geldpolitische Transmission und den Finanzsektor wirksam zu begrenzen.
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27,295
41. Soll nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung die Möglichkeit bestehen, dass der Staat bzw. die Zentralbanken für die Regierungen CBDC auf Konten von Bürgern oder Staaten im Sinne von echtem Helikoptergeld (Deutschlandfunk, 11. April 2016, Bundesregierung und EZB streiten über „Helikoptergeld“ – Wenn Geld vom Himmel regnet; www.deutschlandfunkkultur.de/bundesregierung-und-ezb-streiten-ueber-helikoptergeld-wenn-100.html; WELT, 9. April 2016, Rechtliche Prüfung – Regierung will der EZB das „Helikoptergeld“ verbieten; www.we lt.de/wirtschaft/article154165156/Regierung-will-der-EZB-das-Helikopte rgeld-verbieten.html; WELT, 14. Februar 2019, Helikoptergeld – Zieht die EZB die extremste Waffe der Geldpolitik?; www.welt.de/finanzen/art icle188758349/Helikoptergeld-Zieht-die-EZB-die-extremste-Waffe-der-Geldpolitik.html) erzeugen kann (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 18)?
„Helikoptergeld“ im Sinne der Ausgabe von Geld an Haushalte durch die Zentralbank als Transfers, denen kein Erwerb von Vermögenswerten gegenübersteht, verwischt die Grenze zwischen Geld- und Fiskalpolitik. Davon zu trennen ist die mit digitalem Zentralbankgeld u. U. eröffnete technische Möglichkeit, dass wie auch immer finanzierte staatliche Zahlungen direkt auf ein (Retail-) CBDC-Wallet erfolgen. Durch eine etwaige Einführung von digitalem Zentralbankgeld würde für sich genommen kein neues Geld geschaffen, sondern lediglich der Umtausch von bereits existierendem Geld in digitales Zentralbankgeld ermöglicht werden.
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27,296
42. Welches Datenschutzniveau sollten CBDCs (Retail und Wholesale) nach den Überlegungen der Bundesregierung haben (twitter.com/c_lindner/sta tus/1589582194695344129, bitte nach Retail- und Wholesale-CBDC differenziert erläutern)?
Für die Bundesregierung ist es zentral, dass die finanzielle Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger bei Nutzung eines digitalen Euro geschützt ist. Dies ist Grundvoraussetzung für das Vertrauen der Bevölkerung in einen digitalen Euro und dessen breite Akzeptanz in der Gesellschaft. Mit Blick auf eine an den Grundeigenschaften des Bargelds orientierte Ausgestaltung eines digitalen Euro setzt die Bundesregierung sich dabei für ein möglichst weitgehendes Maß an Privatsphäreschutz ein, das über den Privatsphäreschutz heutiger, von privaten Unternehmen angebotenen elektronischer Zahlverfahren hinausgeht. Die Bundesregierung unterstützt Überlegungen des Eurosystems, wonach die EZB und andere Zentralbanken des Eurosystems keinen Zugriff auf die persönlichen Daten von Bürgerinnen und Bürgern erhalten würden. Mit Blick auf die von privaten Banken und Zahlungsdienstleistern einzuhaltenden Vorschriften zur Geldwäscheprävention setzt die Bundesregierung sich für einen risikobasierten Einsatz ein, der insbesondere für weniger riskante, alltägliche Transaktionen ein Höchstmaß an Privatsphäreschutz ermöglicht.
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27,297
43. Welche Auswirkungen auf die Verwendung von CBDCs und Bargeld hätten Blackouts unterschiedlicher Größenordnung nach Erkenntnissen der Bundesregierung auf die Funktionsweise des Zahlungsverkehrs (NZZ, 8. November 2022, Das nächste Staatsversagen: Beim Zahlungsverkehr macht die öffentliche Hand eine schlechte Figur; www.nzz.ch/m einung/energiekrise-beim-zahlungsverkehr-hat-der-staat-geschlafen-ld.1 710980; FAZ, 15. November 2022, Notfallpläne für Blackouts, Beim Stromausfall zählt nur noch Bargeld; www.faz.net/aktuell/wirtschaft/stro mausfall-finanzbehoerden-arbeiten-an-notfallplaenen-fuer-blackouts-184 62226.html; Merkur, 16. November 2022, Bargeld-Versorgung: Bundesbank arbeitet an Notfallplänen für Blackout; www.merkur.de/wirtschaft/ bundesbank-notfallplaene-stromausfall-blackout-bafin-bargeld-versorgu ng-sichern-91916999.html; Focus, 12. Dezember 2022, Strom weg für 90 Minuten Vertrauliches Papier warnt vor „Brownouts“: Das müssen Sie dazu wissen; www.focus.de/finanzen/news/strom-weg-fuer-90-minut en-vertrauliches-papier-warnt-vor-brownouts-das-muessen-sie-dazu-wiss en_id_180443566.html – bitte erläutern)?
Zahlungsverkehrssysteme und Marktinfrastrukturen sind gehalten (u. a. aufgrund der vom Committee on Payments and Markets Infrastructures (CPMI) der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und von der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) herausgegebenen „Principles for Financial Market Infrastructures“), Resilienz-Maßnahmen zu ergreifen, um sich auf Störungen jedweder Größenordnung vorzubereiten und einen reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Entsprechende Sicherungs- und Resilienz-Maßnahmen bis hin zu einer auch während eines Blackouts nutzbaren Offline-Funktionalität wären auch im Rahmen eines als Retail-CBDC ausgestalteten digitalen Euro zu implementieren. Im Falle von großflächigen Störungen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist Bargeld nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit das einzige kurzfristig verfügbare und funktionsfähige Zahlungsmittel. Auch bei Blackouts kann seitens der Deutschen Bundesbank aufgrund ihrer umfangreichen eigenen Risikovorsorgemaßnahmen, zu denen auch eine Notstromversorgung zählt, die Bereitstellung von Bargeld für die Kreditwirtschaft gewährleistet werden. Zugleich müssen private Bargeldakteure ihrerseits selbst Vorsorge für solche Notfälle betreiben.
268227
27,298
44. Soll es nach Ansicht der Bundesregierung auch programmierbare CBDCs geben? Hat sich die Bundesregierung eine Auffassung dazu erarbeitet, welche Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken damit verbunden wären, und wenn ja, welche wären dies (twitter.com/c_lindner/status/158958219655 3105409; de.cointelegraph.com/news/digitaler-euro-als-cbdc-bundesfina nzministerium-veroffentlicht-stellungnahme-des-fintechrats; www.bmw k.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digitale-Welt/blockchain-strategie.pdf ?__blob=publicationFile&v=8, siehe auch Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6, 10, 26 bis 28)? 45. Inwiefern ist die Bundesregierung in Planungen für programmierbare CBDCs eingebunden oder über derartige Planungen informiert (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Die Fragen 44 und 45 werden zusammen beantwortet. Das Eurosystem und die Mitgliedstaaten des Euroraums lehnen eine Programmierbarkeit eines digitalen Euro dergestalt, dass z. B. eine Bedingung direkt in einem „digitalen Geldstück“ hinterlegt würde, strikt ab, denn es wäre sonst nicht mehr sichergestellt, dass das „digitale Geldstück“ zum Nennwert (also eins zu eins) in andere Formen des Euro (z. B. Bargeld) umtauschbar wäre. Die freie Konvertibilität ist aber eine Grundanforderung an den digitalen Euro. Davon abzugrenzen ist der Einsatz von digitalem Zentralbankgeld in programmierbaren Anwendungen. Die Bundesregierung setzt sich gegenüber dem Eurosystem dafür ein, den Einsatz von digitalem Zentralbankgeld in programmierbaren Anwendungen verstärkt zu untersuchen. Als programmierbare Zahlungen versteht die Bundesregierung Überträge von Geld, bei denen Zeitpunkt, Betragshöhe und/oder Art des Übertrags durch vorher vorgegebene Bedingungen bestimmt werden. Solche Zahlungen können die geldseitige Abwicklung von komplizierten Geschäftsprozessen unter Berücksichtigung der Erfüllung vorgegebener Bedingungen ermöglichen. In ihrem dritten Fortschrittsbericht zur laufenden Untersuchungsphase für einen digitalen Euro vom 24. April 2023 (www.ecb.europa.eu/paym/digital_euro/investigation/governance/shared/files/e cb.degov230424_progress.en.pdf) hat die EZB sich offen gezeigt, in diesem Sinne bedingte Zahlungen bei einem digitalen Euro in bestimmtem Umfang zu unterstützen. Abschließende Entscheidungen sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht getroffen worden.
268227
27,299
46. Sollen nach Erkenntnissen und Ansicht der Bundesregierung Sanktionierungen von Konten bei kriminellen Aktivitäten, sozial unerwünschtem Verhalten, außenpolitischen Sanktionen oder ähnlichem möglich sein, und wenn ja, in welchem Ausmaß (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Nein, das soll nicht möglich sein. Das Eurosystem und die Mitgliedstaaten des Euroraums – einschließlich der Bundesregierung – lehnen strikt ab, dass etwa ein digitaler Euro bei „sozial unerwünschtem“ Verhalten nur eingeschränkt nutzbar wäre. Nach den bisherigen Überlegungen des Eurosystems zu einem digitalen Euro würden Intermediäre, die ihren Kunden einen Zugang zum digitalen Euro anbieten, im Grundsatz auch geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen. Dazu könnten, ebenso wie heute schon bei Girokonten, auch restriktive Maßnahmen – wie etwa geldwäscherechtliche Beendigungspflichten – gehören. Im Falle von „außenpolitischen Sanktionen“ treten die Rechtsfolgen automatisch ein und erfassen grundsätzlich alle Vermögenswerte – und damit auch Konten sanktionierter Personen oder Einrichtungen.
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27,300
47. Welche Auswirkungen auf die Durchsetzungsfähigkeit von Sanktionen hätte die Einführung von CBDCs nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung (www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw48-de-sanktionsdurchsetzungsgesetz-923082; Bundesbank Monatsbericht Juli 2022, Grenzüberschreitende Interoperabilität von digitalem Zentralbankgeld, S. 79; www.bundesbank.de/resource/blob/894874/96a96a353 e858daa3c9cbb00e77e513f/mL/2022-07-dzbg-data.pdf; news.bitcoi n.com/g7-countries-eu-taking-measures-prevent-crypto-use-evade-sancti ons/, siehe auch Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Gelder im Sinne der EU-Sanktionsverordnungen sind finanzielle Vermögenswerte und Vorteile jeder Art, also auch CBDC. CBDC wären damit im Fall der Listung des Eigentümers ebenso wie andere Vermögenswerte automatisch eingefroren.
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27,301
48. Hat die Einführung von digitalen IDs – insbesondere der EUid – (heise online, 6. Dezember 2022, EUid: EU-Rat stimmt für Online-Ausweis mit eindeutigem Personenkennzeichen; www.heise.de/news/EUid-EU-Rat-st immt-fuer-Online-Ausweis-mit-eindeutigem-Personenkennzeichen-7368 464.html; Bundeskanzleramt, 27. April 2021, Whitepaper Ökosystem digitaler Identitäten; www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikation en/whitepaper-oekosystem-digitaler-identitaeten-1881840) nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung eine Bedeutung u. a. hinsichtlich der „Integrität und Zurechnungsfähigkeit“, der Geldwäsche-, Terrorismus- und Pandemie-Bekämpfung, der Sanktionsdurchsetzung und hinsichtlich sozialer Kontrolle für die Verwendungsmöglichkeiten von CBDCs (WELT, 14. November 2022, Eine Milliarde „Phantom-Menschen“ – und das Geschäft mit der Identitäts-Lücke; www.welt.de/w irtschaft/article242121091/Eine-Milliarde-Phantom-Menschen-das-Gesc haeft-mit-der-Identitaet.html; Geld und mehr, Blog von Norbert Haering, 17. November 2022, G20 wollen digitale Gesundheitspässe auf Dauer zur Voraussetzung für Reisefreiheit machen; norberthaering.de/macht-ko ntrolle/g20-impfpaesse/; epicenter.works/content/orwells-wallet-das-elek tronische-identifizierungssystem-der-eu-fuehrt-uns-direkt-in-den; Epicenter.works, 4. Februar 2022, Orwells Wallet: Das elektronische Identifizierungs-system der EU führt uns direkt in den Überwachungskapitalismus; epicen-ter.works/content/eidas-20-beispiellose-risiken-fuer-die-pri vatsphaere, siehe auch Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6), und wenn ja, welche?
Nach Ansicht der Bundesregierung besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen digitalen Identitäten und der möglichen Einführung von CBDCs. Beides wäre als technologieoffen zu begreifen und könnten unabhängig voneinander für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. Die Möglichkeiten eines Zusammenwirkens von CBDC und digitalen Identitäten hinge von der jeweiligen konkreten technischen Ausgestaltung ab. Diese ist weder für einen möglichen digitalen Euro noch für eine EUid abschließend geklärt. Der europäische Gesetzgebungsprozess für eine EUid (eIDAS-VO) befindet sich gegenwärtig im „europäischen Trilog“. Unbeschadet dessen könnte ein potenzielles Zusammenspiel beider Technologien nur unter strenger Berücksichtigung der verfassungsrechtlich garantierten Rechte (insbesondere das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie das Allgemeine Persönlichkeitsrecht) und des geltenden Datenschutzrechts erfolgen.
268227
27,302
49. Sind der Bundesregierung die Vorschläge für eine destinationsabhängige Cash-flow-Steuer (destination-based cash flow tax, DBCFT – Fußnote 22 auf S. 13; www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Ministerium/ Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/gutachten-energiepreise-eff iziente-klimapolitik.pdf?__blob=publicationFile&v=4) und die entsprechende Diskussion bekannt (IMF Working Papers, 15. November 2019, Revenue Implications of Destination-Based Cash-Flow Taxation; www.i mf.org/en/Publications/WP/Issues/2019/01/15/Revenue-Implications-of-Destination-Based-Cash-Flow-Taxation-46506; Bond, E./Gresik, T. A. Gresik, 2021: On the Incentive Compatibility of Universal Adoption of Destination-Based Cash Flow Taxation, in: CESifo Working Paper No. 8836; www.cesifo.org/en/publications/2021/working-paper/incentive-co mpatibility-universal-adoption-destination-based-cash; Sachverständigenrat Jahresgutachten 2018; S. 313; www.sachverstaendigenrat-wirtsch aft.de/fileadmin/dateiablage/gutachten/jg201819/jg2018_06_steuer n.pdf)? Wenn ja, ließe sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung durch Einführung von CBDCs beispielsweise bei destinationsabhängigen Cashflow-Steuern (destination-based cash flow tax, DBCFT) aus technischer Sicht ein automatisiertes Besteuerungsverfahren einführen?
Die Bundesregierung verfolgt die wissenschaftlichen Diskussionen zur internationalen Steuerpolitik fortlaufend. Dazu gehört auch die Diskussion zu einer destinationsabhängigen Cash-flow-Steuer. Derzeit werden in den internationalen Gremien keine konkreten Vorschläge dazu erörtert. Losgelöst davon setzt sich die Bundesregierung mit Nachdruck dafür ein, das Besteuerungsverfahren stärker zu digitalisieren und zu automatisieren.
268227
27,303
50. Ist die KONSENS-Software des Bundesfinanzministeriums (Bundesfinanzministerium, Glossar, KONSENS; www.bundesfinanzministeriu m.de/Web/DE/Service/FAQ_Glossar/Glossar/Functions/glossar.html?lv 2=5c5fe914-87e9-4be8-a657-d931eda99d06&lv3=abcae2db-bda7-4712-872f-336c9ff5455b#glossarabcae2db-bda7-4712-872f-336c9ff5455b) nach Erkenntnissen der Bundesregierung kompatibel zu DLT-basierten Anwendungen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 9), insbesondere CBDCs?
Die im Vorhaben KONSENS von den Ländern gemeinsam entwickelte und bereitgestellte Software wird in den Ländern eingesetzt und nicht beim Bundesministerium der Finanzen (BMF). Es handelt sich somit nicht um eine Software des BMF. Soweit dem BMF bekannt, ist die im Vorhaben KONSENS entwickelte Software nicht kompatibel zu DLT-basierten Anwendungen.
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27,304
51. Sollen nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung die Geschäftsbanken, die Zentralbank oder andere Dienstleister die treuhänderischen Verwalter von Giralgeld-Token-Konten und/oder Betreiber von Blockchains sein (siehe auch Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Aus heutiger Sicht ist denkbar, dass Initiativen für digitales Zentralbankgeld und privatwirtschaftliche Konzepte wie etwa für einen Giralgeld-Token jeweils als eigene Bestandteile in einem größeren Ökosystem für digitales Bezahlen nebeneinander bestehen können. Die Entwicklung privatwirtschaftlicher Initiativen im Rahmen gesetzlicher Vorgaben ist grundsätzlich dem Markt überlassen.
268227
27,305
52. Wie kommen (bzw. könnten) nach Erkenntnissen der Bundesregierung Retail-CBDCs und Wholesale-CBDCs in Umlauf (kommen) (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 42)?
Dies hängt von der jeweiligen Ausgestaltung ab. Nach Kenntnis der Bundesregierung würden Retail- oder Wholesale-CBDC im Grundsatz durch die betreffende Zentralbank emittiert. Wholesale-CBDC würde den Teilnehmern am dazugehörigen System (in der Regel Unternehmen aus der Finanzindustrie, wie Kreditinstitute und Finanzmarktinfrastrukturen, die bereits Zugang zu Zentralbankgeld in Einlagenform besitzen) direkt von der Europäischen Zentralbank zur Verfügung gestellt, wie das bereits heute für Zentralbankeinlagen der Fall ist. Nach den bisherigen Überlegungen des Eurosystems würde ein digitaler Euro als Retail-CDBC über beaufsichtigte Intermediäre (in der Regel Geschäftsbanken und/oder andere Zahlungsdienstleister) an Privatpersonen und Unternehmen verteilt werden.
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27,306
a) Wäre es nach Erkenntnissen der Bundesregierung für den Nutzer erkennbar, von welcher Mitgliedszentralbank des Eurosystems sie emittiert wurden? b) Wenn die CBDCs außerhalb des Eurosystemmitgliedslandes, in dem sie emittiert wurden, verwendet werden, würde sich dies nach Erkenntnissen der Bundesregierung bereits in den Target-2-Salden bzw. den Zentralbankbilanzen widerspiegeln oder erst, nachdem die CBDCs in dem anderen Land in andere Formen von Zentralbankgeld umgetauscht resp. eingelöst wurden (bitte erläutern)?
Zu den Fragen 52a und 52b liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor.
268227
27,307
53. Soll man nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung Kunde spezieller Unternehmen, beispielsweise spezieller Zahlungsdienstleistungsunternehmen, sein müssen, um am CBDC-Zahlungsverkehr teilnehmen zu können? Welche Haltung nimmt die Bundesregierung dazu ein (siehe auch Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Die Bundesregierung begrüßt Pläne des Eurosystems, wonach der digitale Euro über regulierte Intermediäre an die Nutzer verteilt werden würde. In ihrem dritten Fortschrittsbericht zur laufenden Untersuchungsphase für einen digitalen Euro vom 24. April 2023 (www.ecb.europa.eu/paym/digital_euro/in vestigation/governance/shared/files/ecb.degov230424_progress.en.pdf) hat die EZB dargelegt, dass dafür nach ihren Vorstellungen in erster Linie Zahlungsdienstleister im Sinne der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG) in Betracht kommen könnten. Aus Sicht der Bundesregierung stehen die Diskussionen dazu noch am Anfang. Endgültige Entscheidungen sind dazu nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht getroffen worden.
268227
27,308
54. Welchen Status hinsichtlich Annahmezwang, Einlösbarkeit und Aufdrängbarkeit sowie Verwendungsfähigkeit außerhalb der jeweiligen staatlichen monetären Gerichtsbarkeit sollen nach Erkenntnissen der Bundesregierung die verschiedenen Formen des digitalen Geldes haben (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 16 bis 20, 25 bis 36)?
Inwieweit ein digitaler Euro in der Retail-Variante den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels haben könnte, wird im europäischen Gesetzgebungsverfahren noch zu thematisieren sein. Die Bundesregierung sieht insoweit dem angekündigten Legislativvorschlag der Europäischen Kommission zum digitalen Euro entgegen. In ihrem dritten Fortschrittsbericht zur laufenden Untersuchungsphase für einen digitalen Euro vom 24. April 2023 (www.ecb.europa.eu/paym/digital_euro/inv estigation/governance/shared/files/ecb.degov230424_progress.en.pdf) hat die EZB dargelegt, dass ein digitaler Euro nach ihren Vorstellungen in einem ersten Schritt vor allem Nutzerinnen und Nutzern im Euroraum zur Verfügung stehen soll. Ein Zugang für Nutzerinnen und Nutzer außerhalb des Euroraums könnte nach Vorstellungen der EZB erst nach und nach – auf der Grundlage von Abkommen mit den betreffenden Stellen – gewährt werden. Aus Sicht der Bundesregierung stehen die Diskussionen dazu noch am Anfang. Endgültige Ent- scheidungen sind dazu nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht getroffen worden.
268227
27,309
55. Soll nach Erkenntnissen bzw. nach Ansicht der Bundesregierung die Annahmepflicht von CBCDs weiter gehen als bei Bargeld, wie die EZB-Präsidentin Christine Lagarde es nach dem Verständnis der Fragesteller andeutet (ab Min 9:50, webcast.ec.europa.eu/towards-a-legislative-frame work-enabling-a-digital-euro-for-citizens-and-for-businesses)?
Gegenstand des europäischen Gesetzgebungsverfahrens wird voraussichtlich auch die Frage sein, inwieweit ein digitaler Euro in der Retail-Variante den Status eines gesetzlichen Zahlungsmittels haben könnte. Die Bundesregierung sieht insoweit dem angekündigten Legislativvorschlag der Europäischen Kommission zum digitalen Euro entgegen. Die Europäische Kommission hat ferner angekündigt, zeitgleich mit dem Legislativvorschlag zum digitalen Euro auch einen Legislativvorschlag betreffend den Umfang und die Folgen des Status von Euro-Bargeld (Banknoten und Münzen) als gesetzliches Zahlungsmittel vorzulegen. Nach Ankündigungen der Europäischen Kommission (https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/hav e-your-say/initiatives/13429-Klarung-des-Status-von-Euro-Banknoten-und-Mu nzen-als-gesetzliches-Zahlungsmittel_de) soll die Initiative die Rolle des Euro-Bargelds schützen, indem dessen Status als gesetzliches Zahlungsmittel präzisiert werde, und die Kohärenz mit der Initiative zum digitalen Euro gewährleisten.
268227
27,310
56. Wird die Bundesregierung den Bürgern, Unternehmen oder anderen Teilen der öffentlichen Hand CBDCs aufdrängen, in dem sie bzw. der Staat bei apozentrischen Zahlungen, also Zahlungen, die vom Staat ausgehen, darauf besteht, CBDCs zu verwenden (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 16 bis 20)?
Bislang sind keine abschließenden Entscheidungen darüber getroffen worden, ob ein digitaler Euro überhaupt eingeführt wird und ob er, sollte er eingeführt werden, für Zahlungen der öffentlichen Hand nutzbar wäre. Innerhalb der Bundesregierung liegen bislang keine Pläne dazu vor, inwieweit ein digitaler Euro für Zahlungen durch staatliche Stellen in Deutschland genutzt werden könnte.
268227
27,311
57. Gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung in Deutschland einen Annahmezwang für Bargeld, z. B. für die GEZ bei der Annahme der GEZ-Gebühren (Tagesspiegel, 28. April 2022, Urteil zum Rundfunkbeitrag: 18,36 Euro können auch bar bezahlt werden; www.tagesspiegel.de/ gesellschaft/medien/1836-euro-konnen-auch-bar-bezahlt-werden-685289 5.html, siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 20, bitte erläutern)?
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 26. Januar 2021 bedeutet der Status von Bargeld als gesetzliches Zahlungsmittel, dass „nicht etwa eine absolute, sondern nur eine grundsätzliche Annahme von Euro-Banknoten als Zahlungsmittel“ erforderlich ist (vergleiche EuGH, verbundene Rechtssachen C-422/19 and C-423/19, Randnummer 55. – Hessischer Rundfunk). Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2022 im Fall des Hessischen Rundfunks ist ein Ausschluss der Barzahlung dann rechtswidrig, wenn die Beitragspflichtigen, die keinen Zugang zu einem Girokonto erhalten, mangels einer Ausnahmeregelung unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Beitragspflichtigen, die nachweislich weder bei privaten noch bei öffent- lich-rechtlichen Kreditinstituten ein Girokonto eröffnen können, ist daher die Zahlung des Beitrags mit Bargeld ohne Zusatzkosten zu ermöglichen. Hinsichtlich der in der Frage angeführten Gebühren des ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice (ehemals „Gebühreneinzugszentrale, GEZ“) wird auf dessen Webseite www.rundfunkbeitrag.de/zahlung/index_ger.html (Stand: 11. April 2023) verwiesen.
268227
27,312
58. Gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung in anderen Eurosystem-Ländern Annahmezwang für Bargeld? Gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung in anderen EU-Ländern Annahmezwang für Bargeld, und gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung in anderen Ländern der Welt Annahmezwang für Bargeld (wenn ja, bitte die Länder auflisten)?
Die Vorgaben des europäischen Rechts betreffend den Status von Euro-Banknoten und Euro-Münzen (siehe dazu die Antwort zu Frage 59) gelten auch in anderen Mitgliedstaaten des Euroraums. Mit Fragen der Akzeptanz und Verfügbarkeit von Bargeld in 18 europäischen Mitgliedstaaten hat sich eine Expertengruppe „Euro Legal Tender Expert Group (ELTEG)“ befasst und hierzu einen Bericht „Final report of the Euro Legal Tender Expert Group (ELTEG) of 6 July 2022“ veröffentlicht. Der Bericht kann von der Webseite der Europäischen Kommission heruntergeladen werden (Stand: 27. April 2023): https://ec.europ a.eu/transparency/expert-groups-register/screen/meetings/consult?lang=en&me etingId=44035&fromExpertGroups=true.
268227
27,313
59. Was ist nach Erkenntnissen der Bundesregierung in Deutschland das gesetzliche Zahlungsmittel? Wo ist dies nach Erkenntnissen der Bundesregierung gesetzlich geregelt, und gibt es in Deutschland nach Erkenntnissen der Bundesregierung einen Annahmezwang von gesetzlichem Zahlungsmittel (wenn nein, warum nicht, und welche Ausnahmen gibt es ggf., bitte erläutern)?
Euro-Banknoten sind gesetzliches Zahlungsmittel gemäß Artikel 128 Absatz 1 Satz 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 16 Absatz 1 Satz 3 des Protokolls über das ESZB und die EZB (siehe auch Artikel 10 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 974/98 vom 3. Mai 1998 über die Einführung des Euro). In beschränktem Umfang sind daneben Euro-Münzen gesetzliches Zahlungsmittel (vergleiche Artikel 11 Satz 2 und 3 der oben angeführten Verordnung). Für private Rechtsverhältnisse bedeutet dies, dass Euro-Banknoten und Münzen als Zahlungsmittel zum Begleichen von Geldschulden zu akzeptieren sind, sofern die Parteien nicht im Rahmen der insoweit bestehenden Privatautonomie ein anderes Zahlungsmittel vereinbart haben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) können die Mitgliedstaaten in eigener Zuständigkeit entscheiden, inwieweit sie Ausnahmen von der grundsätzlichen Annahmepflicht (Auffangfunktion in Ermangelung anderweitiger Festlegungen) vorsehen, sofern dabei die Vorgaben des EuGH eingehalten werden (vergleiche EuGH, verbundene Rechtssachen C-422/19 und C-423/19, Randnummer 55 folgende – Hessischer Rundfunk). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 57 verwiesen.
268227
27,315
61. Soll nach Erkenntnissen der Bundesregierung analoges und/oder digitales Giralgeld in beliebiger Höhe 1:1 konvertierbar sein oder sollen sich ggf. Umtauschkurse bilden? Hat sich die Bundesregierung dazu ein Urteil gebildet, und wenn ja, welches (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 20)?
Die verschiedenen Formen des Euro (z. B. Bargeld, Sichteinlagen bei Geschäftsbanken, ggf. digitales Zentralbankgeld, wenn man sich in Zukunft für dessen Einführung entscheiden sollte) sollen nach Kenntnis der Bundesregierung – unabhängig davon, ob sie in analoger oder digitaler Form vorliegen stets fungibel und frei eins-zu-eins konvertierbar sein. Diese direkte Konvertibilität ist wichtig, um die Einheitlichkeit des Geldsystems aufrecht zu erhalten.
268227
27,316
62. Hätten nach Erkenntnissen der Bundesregierung Banken bzw. Halter von Wholesale-CBDCs das Recht, sich dafür beim Eurosystem „analoges“ Bargeld bzw. „analoge“ Münzen und Banknoten auszahlen zu lassen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 20, bitte erläutern)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es zu der entsprechenden Ausgestaltung einer möglichen Wholesale-Variante eines digitalen Euro bislang keine Festlegungen (siehe zum Stand der Arbeiten auch die Antwort zu Frage 14). Zur grundsätzlichen Fungibilität der verschiedenen Formen des Euro – einschließlich von Zentralbankgeld – wird auf die Antwort zu Frage 61 verwiesen.
268227
27,317
63. Ließen sich die Intermediationsfunktionen des Finanzsektors (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 16 bis 26, 35 und 36, insbesondere Nummern 23 bis 26) digital friktionsfrei abbilden? Wenn ja, existieren seitens der Bundesregierung bereits Pläne, um dies zu erreichen, und was beinhalten diese ggf. (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 20)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung wird ein Großteil der Intermediationsfunktionen im Finanzsektor bereits heute digital erbracht. Betreffend die weitere Digitalisierung im Finanzsektor hat die Bundesregierung Ziele und Maßnahmen u. a. in der Digitalstrategie der Bundesregierung formuliert.
268227
27,318
64. Ließen sich nach Erkenntnissen der Bundesregierung „Bargeldobergrenzen“ (Legal Tribune Online, 8. Dezember 2022, Bargeldobergrenze von 10 000 Euro in EU; www.lto.de/recht/nachrichten/n/eu-geldwaesche-obe rgrenze-10000-bargeld-krypto-dienstleister-eu-kommission/; Merkur, 16. November 2022, Kampf gegen Geldwäsche: Innenministerin Faeser will Bargeldzahlungen eng beschränken; www.merkur.de/wirtschaft/nan cy-faeser-bargeldzahlungen-obergrenze-cash-geldwaesche-10000-euro-csu-zr-91914522.html) für CBDCs technisch einrichten? Wenn ja, würden diese auch im Ausland gelten, beispielsweise im Vatikan oder in Monaco?
Nach Kenntnis der Bundesregierung ist es technisch grundsätzlich möglich, Bezahlobergrenzen für CBDCs einzurichten. Unabhängig davon werden für einen digitalen Euro aus Gründen der Finanzstabilität sogenannte Halteobergrenzen diskutiert. Weder zu Bezahlobergrenzen noch zu Halteobergrenzen sind bislang Entscheidungen getroffen worden. Siehe dazu auch die Antwort zu Frage 71.
268227
27,320
66. Soll nach Erkenntnissen und Ansicht der Bundesregierung die friktionslose Verwendung aller Formen von Zentralbank- und Geschäftsbankengeld inklusive der CBDCs gewährleistet sein (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6, 20 und 30 bis 34)? a) Wenn ja, wie soll die friktionslose Verwendung aller Formen von Zentralbank- und Geschäftsbankengeld nach Ansicht der Bundesregierung gewährleistet werden? b) Wenn nein, wie dann?
Die Fragen 66 bis 66b werden zusammen beantwortet. Die möglichst friktionslose Konvertibilität zwischen verschiedenen Geldformen ist Merkmal eines funktionierenden Geldsystems (siehe dazu die Antwort zu Frage 61). Eine gänzlich friktionslose Verwendung von Zentralbank- und Geschäftsbankengeld für alle Transaktionen ist derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung nicht möglich. Beispielsweise kann im Online-Handel in der Regel nicht mit Bargeld gezahlt werden, und Nichtbanken können derzeit nur Zentralbankgeld in Form von Bargeld nutzen, während die Verwendung von Zentralbankguthaben bislang Geschäftsbanken und anderen Finanzinstitutionen vorbehalten ist.
268227
27,321
67. Sollen nach Ansicht bzw. Erkenntnissen der Bundesregierung anonyme Zahlungen mit einer Mobile App, Prepaidkarte oder ähnlichem überhaupt, und wenn ja, bis zu einer Obergrenze möglich sein (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6)?
Die Bundesregierung versteht die Frage so, dass sie sich auf eine Retail-Variante eines digitalen Euro bezieht und verweist auf die Ausführungen zum Privatsphäreschutz in der Antwort zu Frage 42.
268227
27,322
68. Sollen die staatlich festgelegten Bargeldobergrenzen 1:1 für Retail-CBDCs gelten (WELT, 7. Dezember 2022, EU-Staaten verständigen sich auf Bargeldobergrenze von 10 000 Euro; www.welt.de/politik/deutschlan d/article242561237/Kampf-gegen-Geldwaesche-EU-Staaten-verstaendig en-sich-auf-Bargeldobergrenze-von-10-000-Euro.html)?
In dem am 20. Juli 2021 vorgelegten Legislativpaket zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung schlägt die Europäische Kommission eine Barzahlungsobergrenze in Höhe von 10 000 Euro vor. Aktuell sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Der Trilog wird voraussichtlich nicht vor Ende des laufenden Jahres abgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund ist zum jetzigen Zeitpunkt keine Einschätzung zur entsprechenden Anwendung von Vorschriften möglich.
268227
27,323
69. Ist nach Erkenntnissen der Bundesregierung damit zu rechnen, dass es einen Auf- oder Abschlag zwischen analogem Bargeld und Retail-CBDCs geben könnte, da analoges Bargeld oder CBDCs für die Verwender entsprechend, z. B. aufgrund der Anonymität und Nicht-Verzinsung oder der Reichweite und dem Volumen der Verwendungsmöglichkeit, als wertvoller bzw. nützlicher angesehen werden könnten (siehe hierzu auch Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6 und 14 bis 20)?
Zur Konvertibilität verschiedener Formen des Euro wird auf die Antwort zu Frage 61 verwiesen.
268227
27,324
70. Welche Optionen für die Verzinsung von Retail- und Wholesale-CBDCs gibt es nach Erkenntnissen der Bundesregierung (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 6, bitte erläutern)?
Grundsätzlich können Retail-CBDCs je nach Ausgestaltung unverzinst oder verzinst ausgestaltet sein. Eine Verzinsung könnte zudem gestaffelt sein. Die Verzinsung von Wholesale-CBDC ist gleichermaßen eine Frage der Ausgestaltung.
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27,325
71. Bliebe nach der Einführung von CBDCs (Retail und Wholesale) nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung die partielle Funktionsfähigkeit der Zentralbanken, um der Bewahrung der Geldwert- und Finanzmarktstabilität nachzugehen, erhalten (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 6, 22 bis 30 und 36 bis 41)? a) Wenn nein, was plant die Bundesregierung bzw. liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, was die Europäische Kommission und/oder die EZB planen, um dies zu sicherzustellen (bitte ausführen)? b) Würde nach der Einführung von CBDCs (Retail und Wholesale) nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung die partielle Funktionsfähigkeit der Zentralbanken, um der Bewahrung der Geldwert- und Finanzmarktstabilität nachzugehen, ggf. sogar verbessert, und wenn ja, inwiefern (siehe u. a. Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 36 und www.ecb.europa.eu/home/search/review/html/inde x.de.html)?
Die Fragen 71 bis 71b werden zusammen beantwortet. Die mögliche Ausgestaltung und die Auswirkungen eines digitalen Euro werden aktuell im Rahmen einer zweijährigen Untersuchungsphase vom Eurosystem genauer untersucht. Abschließende Entscheidungen über Ausgestaltungsmerkmale sind dabei noch nicht getroffen worden. Die EZB hat mehrfach öffentlich bekräftigt, dass ein digitaler Euro nicht als geldpolitisches Instrument dienen würde. Ein digitaler Euro könnte in einer zunehmend digitalen Welt jedoch dazu beitragen, die Rolle von Zentralbankgeld als Anker der Geldpolitik zu erhalten, den geldpolitischen Handlungsspielraum der EZB zu schützen und hierdurch die Unabhängigkeit der EZB, ihr Primärmandat der Sicherung der Preisstabilität in der Eurozone zu verfolgen, bewahren. Die Einführung von digitalem Zentralbankgeld kann – je nach Ausgestaltung auch Risiken mit sich bringen für die geldpolitische Transmission wie auch für den Finanzsektor. Um die Auswirkungen eines digitalen Euro auf die geldpolitische Transmission und den Finanzsektor zu begrenzen, sollte ein digitaler Euro als Zahlungsmittel und nicht zur Geldanlage ausgestaltet sein. Hierdurch würde verhindert, dass große Mengen an digitalen Euro als risikofreie Anlage gehalten oder Bankguthaben abgezogen und in digitale Euro umgeschichtet würden. Derzeit werden unterschiedliche Gestaltungsoptionen untersucht, um dies sicherzustellen. Vom Eurosystem werden z. B. Halteobergrenzen in Betracht gezogen. Die Untersuchungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Für die Bundesregierung ist es unabdingbar, dass ein digitaler Euro so ausgestaltet ist, dass von ihm keine Risiken für die Finanzmarktstabilität oder die geldpolitische Transmission ausgehen. Konkret sieht die Bundesregierung hierbei eine Rolle für Halteobergrenzen.
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27,326
72. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die in der Finanzwissenschaft, u. a. bei der BIZ, diskutierten (Mehrling, P., 2014: Why central banking should be re-imagined, BIS Papers chapters, in: Bank for International Settlements [ed.], Re-thinking the lender of last resort, volume 79, S. 108 bis 118, Bank for International Settlements; www.bis.org/pub l/bppdf/bispap79i.pdf) und von der Bank of England bereits – zwecks Stabilisierung des sogenannten „marktbasierten Kreditsystems“ bzw. des Schattenbankensektors (Handelsblatt, 6. Dezember 2021, Notenbank der Notenbanken fordert schärfere Regulierung von Schattenbanken; www.h andelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/marktturbulenzen-notenbank-der-no tenbanken-fordert-schaerfere-regulierung-von-schattenbanken/2786634 0.html; Handelsblatt, 17. November 2020, Finanzstabilitätsrat will Regeln für Schattenbanken verschärfen; www.handelsblatt.com/finanzen/ba nken-versicherungen/banken/regulierung-finanzstabilitaetsrat-will-regel n-fuer-schattenbanken-verschaerfen/26632226.html; Handelsblatt, 30. November 2022, Risikomanagement – Die Angst vor einer neuen Finanzkrise wächst; www.handelsblatt.com/finanzen/geldpolitik/risikoman agement-die-angst-vor-einer-neuen-finanzkrise-waechst-/2883245 2.html) – aufgegriffenen neuen Funktion der Zentralbanken als „Dealer of last Resort“ bzw. „Market Maker of last Resort“ vor (Bank of England, 7. Januar 2021, Rede von Andrew Hauser, From Lender of Last Resort to Market Maker of Last Resort via the dash for cash: why central banks need new tools for dealing with market dysfunction; www.bankofe ngland.co.uk/-/media/boe/files/speech/2021/january/why-central-banks-n eed-new-tools-for-dealing-with-market-dysfunction-speech-by-andrew-h auser.pdf; Bank of England, 1. Januar 2021, Why central banks need new tools for dealing with market dysfunction – speech by Andrew Hauser; www.bankofengland.co.uk/speech/2021/january/andrew-hauser-speech-a t-thomson-reuters-newsmaker; Central Banking, 30. September 2022, BoE becomes reluctant market-maker of last resort; www.centralbankin g.com/central-banks/financial-stability/7953253/boe-becomes-reluctant-market-maker-of-last-resort) (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 15 und 23 bis 26)? a) Wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht? b) Wird dieses Thema ihm Rahmen der G20, z. B. beim Financial Stability Board oder beim European Systemic Risk Board (ESRB) oder bei ähnlichen Organisationen, in denen die Bundesregierung vertreten ist (Bundesbank, 19. Januar 2023, Rede von Claudia Buch, Central bank independence and the mandate – evolving views; www.bun desbank.de/en/press/speeches/central-bank-independence-and-the-ma ndate-evolving-views-903038; Bank of England, 28. Mai 2009, Rede von Paul Tucker, The Repertoire of Official Sector Interventions in the Financial System: Last Resort Lending, Market-Making, and Ca- pital; www.bankofengland.co.uk/-/media/boe/files/speech/2009/last-r esort-lending-market-making-and-capital.pdf; IMF, 14. September 2017, Rede von Tobias Adrian, Shadow Banking and Market Based Finance; www.imf.org/en/News/Articles/2017/09/13/sp091417-shad ow-banking-and-market-based-finance; ZEW, 29. Februar 2016, Lender of Last Resort versus Buyer of Last Resort – The Impact of the European Central Bank Actions on the Bank-Sovereign Nexus, in: Discussion Paper No. 16-019; ftp://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/d p16019.pdf), behandelt (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 23 bis 26)?
Die Fragen 72 bis 72b werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung ist in einer Reihe internationaler Gremien und Institutionen vertreten, die sich auch mit Fragen zu Makroökonomie und Finanzmärkten beschäftigen. Dort werden auch aktuelle Forschungsergebnisse berücksichtigt. Einzelheiten sind den Publikationen dieser Gremien und Institutionen zu entnehmen.
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27,327
73. Welche Auswirkungen hätten nach Erkenntnissen der Bundesregierung die jeweiligen Planungen für CBDCs zum einen auf die Optionen der Zentralbanken zum Ausstieg oder zur Verschärfung der ultralockeren Geldpolitik und zum anderen auf die neue Doppelrolle der Zentralbanken als Lender und Dealer of last Resort bzw. auf die Weiterentwicklung des Geldwesens in der sogenannte Neuen Normalität des Schattenbankensektors (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 28 bis 42)?
Mit den Arbeiten an einem digitalen Euro (Retail-Variante) verfolgt das Eurosystem nach eigenen Aussagen keine geldpolitischen Ziele. Da es sich bei einem digitalen Euro um Zentralbankgeld handelt, könnte er Auswirkungen auf die geldpolitische Transmission haben. Die Art und Intensität dieser Effekte hängen allerdings von der derzeit noch offenen genauen Ausgestaltung eines digitalen Euro ab. Der digitale Euro soll nach Aussagen des Eurosystems so ausgestaltet sein, dass die Geldpolitik im Euroraum weiterhin effektiv und effizient umgesetzt werden kann. Das Eurosystem ist seinem Primärmandat der Preisstabilität verpflichtet.
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27,328
a) Welche besondere Rolle, u. a. hinsichtlich Transparenz und Kontrolle, könnten nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung Wholesale-CBDCs in diesem Zusammenhang spielen?
Die Untersuchungen des Eurosystems zu einer Wholesale-Variante eines digitalen Euro wurden jüngst intensiviert, stehen aber vergleichsweise noch am Anfang (siehe zum Stand der Arbeiten die Antwort zu Frage 14). Nach Kenntnis der Bundesregierung würde es sich nicht um etwas völlig Neues handeln, sondern um eine technische Weiterentwicklung, denn Geschäftsbanken und andere Finanzinstitutionen halten bereits heute Zentralbankeinlagen.
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27,329
b) Welche Bedeutung haben nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung in diesem Zusammenhang das TIPS, die T2/T2S-Konsolidierung und das Eurosystem Collateral Management System (ECMS; siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 33), und sind diese DLT-kompatibel (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 9)?
Nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt das Eurosystem seine Marktinfrastrukturen kontinuierlich technologisch weiter. Die heutigen TARGET Services sowie ECMS basieren jedoch nicht auf der DLT-Technologie.
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27,330
74. Inwiefern sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung die Einführung von CBDCs und der Maßnahmenplan der EZB „zur Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten in ihrer geldpolitischen Strategie“ (www.ec b.europa.eu/press/pr/date/2021/html/ecb.pr210708_1~f10491922 5.de.html) mit der Taxonomie-Verordnung, den Bestrebungen für ein europäisches Lieferkettengesetz (www.bmz.de/de/entwicklungspolitik/ lieferkettengesetz; Lieferkettengesetz, Initiative Lieferkettengesetz; Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, April 2020, Themenkurzprofil Nr. 37: Technologien zur Nachverfolgbarkeit von Wertschöpfungs- und Lieferketten; publikationen.bibliothek.kit.edu/1000 133946; United Nations Economic Commission for Europe, Digital and Sustainable Trade Facilitation: UNECE Regional Report 2021; unece.or g/sites/default/files/2022-01/ECE_TRADE_467E.pdf; lieferkettengeset z.de/) sowie dem ESAP (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 13) u. a. in funktioneller und technischer Hinsicht verknüpft?
Nach der Pressemitteilung der EZB vom 8. Juli 2021 soll die Umsetzung des Maßnahmenplans der EZB im Einklang mit den EU-Maßnahmen und -Initiativen im Bereich Offenlegung und Berichterstattung zur ökologischen Nachhaltigkeit erfolgen, wozu auch die Taxonomie-Verordnung zählt.
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27,331
75. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung zu erwarten, dass die EZB das umsetzen wird, was die Europäische Kommission hinsichtlich „Offenlegung und Berichterstattung zur ökologischen Nachhaltigkeit“ beschließt und dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien und deren Einhaltung beim „EZB-Sicherheitenrahmen“ und beim „Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors“ zu einem entscheidenden Hebel zur „sozialen Steuerung“ bzw. zur Lenkung der Finanzmärkte im Rahmen der „inklusiven, digitalen und grünen Transformation“ wird (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 11 bis 14)?
Die Bundesregierung stellt keine spekulativen Überlegungen über zukünftige Entscheidungen des EZB-Rats an.
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27,332
76. Werden bzw. könnten Zentralbanken nach Kenntnis der Bundesregierung durch CBDCs Real-Time-Informationen über die Gesundheit des Finanzsystems erhalten, welche unter anderem z. B. die Effektivität von Zentralbankinterventionen verbessern könnten (www.weforum.org/agenda/ 2022/11/digital-currency-world-bank-cash/)?
Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, inwieweit Zentralbanken durch ein mögliches CBDC Real-Time-Informationen über die Gesundheit des Finanzsystems erhalten könnten.
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27,333
77. Welche Rolle können und sollen nach Kenntnis bzw. Ansicht der Bundesregierung gedeckte und/oder ungedeckte private Kryptoassets im Ökosystem des Zahlungsverkehrs spielen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 30)?
Aus Sicht der Bundesregierung kommen „ungedeckten“ Kryptowerten schon aufgrund ihrer hohen Volatilität keine wesentlichen Funktionen im Zahlungsverkehr zu. „Gedeckte“ Kryptowerte bzw. sogenannte „Stablecoins“ bezwecken durch die angestrebte Wertstabilität die Erfüllung einiger Zahlungsverkehrsfunktionen. Ihre Funktion sieht die Bundesregierung zurzeit vor allem in speziellen Anwendungsfällen auf den Märkten für Kryptowerte. Davon abzugrenzen ist aus Sicht der Bundesregierung die in der Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 30 beschriebene „Trigger Lösung“. Dazu wird auf die Antwort zu Frage 38a verwiesen.
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27,334
78. Welche Optionen für den Offshore- und Schattenbankensektor, die staatliche Regulierung sowie die Stabilität der Finanzmärkte bzw. Volkswirtschaften insgesamt ergeben sich nach Kenntnis bzw. Ansicht der Bundesregierung durch die jeweiligen Planungen für digitales Geld beispielsweise hinsichtlich eines womöglich – aufgrund der nach vertretener Auffassung verschleppten Banken-, Staatsschulden- und Eurokrise in EU-Europa (www.handelsblatt.com/meinung/homo-oeconomicus/gastkomm entar-beyond-the-obvious-die-euro-krise-wird-seit-beginn-immer-weiter-verschleppt-statt-geloest-/28844870.html) und ggf. der Krise des US-Dollar-basierten Weltwährungssystems insgesamt (Boeckler-Stiftung, Weltwirtschaft – Leitwährung US-Dollar: Mit der Doppelrolle überfordert; www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-leitwaehrung-us-dollar-mit-d er-doppelrolle-ueberfordert-9722.htm; SPIEGEL, Russlands Krieg und die Folgen – Dollar – eine Weltwährung auf Abruf?; www.spiegel.de/ wirtschaft/soziales/russland-krieg-und-die-folgen-dollar-eine-weltwaehru ng-auf-abruf-a-c420fdef-d250-4b7a-ad1c-d63cd2fcead0) sowie einer Eskalation geopolitischer Großkonflikte (Osteuropa, Iran, Taiwan etc.; www.derstandard.de/story/2000132275353/2022-das-jahr-der-drei-kr iege) – notwendigen Resets des EU-europäischen oder gar weltweiten Banken-, Geld- und/oder Finanzsystems, z. B. durch Abwicklung und Sanierung international systemrelevanter Kreditinstitute, Währungsreformen, Schuldenschnitte bzw. -erlasse, Lastenausgleiche etc. (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 1, 7, 25 bis 29 und 35 bis 41)?
Mögliche Ausgestaltungen und Auswirkungen von CBDC werden im Eurosystem derzeit genauer untersucht. Abschließende Entscheidungen über bestimmte Ausgestaltungsmerkmale sind dabei noch nicht getroffen worden.
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79. Zeichnen sich nach Erkenntnissen bzw. Ansicht der Bundesregierung neuartige Offshore- und/oder Onshore-Regulierungsarbitragemöglichkeiten (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 20, 21 und 38), z. B. durch Kryptoassets und Lightning-Netzwerke (blockchainwelt.de/bi tcoin-lightning-net-work/#:~:text=Das%20Lightning%20Network%20ist %20ein,f%C3%BCr%20das%20Bitcoin%2DSkalierbarkeitsproblem%20 entwickelt.), u. a. durch Umgehung von CBDCs und dem herkömmlichen Zahlungsverkehr, ab (www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devi sen-rohstoffe/us-newsletter-zukunftslabor-usa-auf-den-bahamas-trifft-sic h-die-neue-finanzelite/28282516.html)?
Das Risiko von Regulierungsarbitrage auf den Märkten für Kryptowerte wird durch nationale, europäische sowie internationale Rechtsakte adressiert. Beispielsweise sieht die europäische Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCa, angenommen durch den Rat für Wirtschaft und Finanzen – ECOFIN am 16. Mai 2023), die in Kürze einen europaweit harmonisierten Aufsichtsrahmen für Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen und Emittenten von Kryptowerten und „Stablecoins“ einführen wird, Verfahren zur Kooperation zwischen den zuständigen nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden vor, die dem grenzüberschreitenden Charakter der Märkte für Kryptowerte Rechnung tragen. Insbesondere ist die Einführung von Aufsichtskollegien für Emittenten signifikanter wertreferenzierter Token und signifikanter E-Geld-Token durch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA), vorgesehen. Die Europäische Kommission und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) werden durch die in der MiCA-VO enthaltenen Berichtspflichten beauftragt, Marktentwicklungen und potenzielle Umgehungstatbestände zu be- obachten. Die Bundesregierung unterstützt ferner die internationalen Bemühungen zur Förderung der Konvergenz bei der Behandlung von Kryptowerten und Krypto-Dienstleistungen in internationalen Organisationen oder Gremien, wie etwa dem Finanzstabilitätsrat, dem Basler Ausschuss für Bankenaufsicht und der Financial Action Task Force.
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27,336
80. Welche Bedeutung hat nach Kenntnis der Bundesregierung digitales Zentralbankgeld für die nationale Souveränität eines Landes, seiner Bürger, Verwaltung und Wirtschaft (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 7)?
In ihrem Statement vom 16. Januar 2023 haben die Finanzministerinnen und Finanzminister des Euroraums ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass ein digitaler Euro die offene strategische Autonomie der Europäischen Union stärken könnte. Ein digitaler Euro könnte insbesondere die Abhängigkeit von außereuropäischen Zahlungslösungen verringern und durch mehr Wettbewerb die ökonomische Effizienz im Zahlungsverkehr erhöhen. Nach Kenntnis der Bundesregierung bestehen bei einigen Zentralbanken des Eurosystems zudem Überlegungen, wonach ein extremes Szenario wie eine weit verbreitete Substitution des Euro durch ausländisches digitales Zentralbankgeld oder nicht an den Euro gebundene Stablecoins Auswirkungen auf die Transmission der Geldpolitik des Eurosystems haben könnte. Während in der Vergangenheit Währungssubstitution v. a. in Volkswirtschaften mit hohen und volatilen Inflationsraten zu beobachten gewesen sei, könne ein Anreiz zur Nutzung eines ausländischen oder globalen Stablecoins oder von ausländischem digitalen Zentralbankgeld im Euroraum auch von der Verbindung mit digitalen Plattformen und ihren Angeboten ausgehen (Netzwerkeffekte, Möglichkeit zur Quersubvention durch Plattformanbieter usw.).
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27,337
81. Welche Bedeutung hat nach Kenntnis der Bundesregierung ein sogenannter „digitaler Euro“ für die künftige Integrität des europäischen und damit auch deutschen Währungssystems (siehe u. a. Vorbemerkung der Fragesteller, Nummer 5)?
In ihrem Statement vom 16. Januar 2023 haben die Finanzministerinnen und Finanzminister der Eurozone zum Ausdruck gebracht, dass der digitale Euro eine Schlüsselrolle in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft spielen könnte, indem er die offene strategische Autonomie der Europäischen Union stärkt, die zentrale geopolitische Rolle der Zahlungssysteme widerspiegelt, Innovationen im Finanzsektor fördert und Vorteile für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Mitgliedstaaten bringt, während er gleichzeitig die Rolle des Zentralbankgeldes als Anker für unser Geldsystem bewahrt. Gleichzeitig haben die Finanzministerinnen und Finanzminister den Fortbestand des Bargelds versichert. Die Funktion als Anker des Geldsystems soll aus Sicht der Bundesregierung auch in Zukunft vor allem das Bargeld ausfüllen. Studien zeigen, dass es vielen Bürgerinnen und Bürgern wichtig ist, Bargeld als Zahlungsoption zu erhalten. Die Bundesregierung misst der generellen Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Bargeld große Bedeutung bei und bekennt sich zum Fortbestand des Bargelds als gesetzliches Zahlungsmittel (siehe bereits Antwort zu Frage 7). Auch die Zentralbanken des Eurosystems haben wiederholt deutlich gemacht, dass es im Euroraum auch in Zukunft Bargeld geben wird. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass die Bargeldnutzung im Euroraum zurückgeht, weil immer mehr Bürgerinnen und Bürger elektronische Zahlungsmittel nutzen. Dieser Änderung der Zahlungsgewohnheiten möchten die Zentralbanken des Eurosystems dadurch begegnen, dass sie dem Bargeld mit dem digitalen Euro ergän- zend eine digitale Form des Zentralbankgelds zur Seite stellen, um die Rolle des Zentralbankgelds als Anker des Geldsystems in einer zunehmend digitalen Welt langfristig zu sichern.
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27,339
83. Sieht die Bundesregierung das Risiko einer missbräuchlichen Überwachung der Bürger durch die Nutzung einer digitalen Währung, und wenn ja, welche technischen und regulatorischen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung ggf., um dieses Risiko zu minimieren oder auszuschließen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller, Nummern 11 und 14)?
Die Bundesregierung versteht die Frage so, dass sie sich auf eine Retail-Variante eines digitalen Euro bezieht und verweist auf die Ausführungen zum Privatsphäreschutz in der Antwort zu Frage 42.
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27,340
18. Sind der Bundesregierung Studien bekannt, die offenlegen, dass die Nutzung digitaler Medien für den angestrebten Bildungszweck ungeeignet sind (vgl. Sonderauswertung: Zum Stand von Wortschatz und Leseverhalten bei Viertklässler:innen in Deutschland, abrufbar: ifs.ep.tu-dortmun d.de/storages/ifs-ep/r/Downloads_allgemein/Ludewig_et_al._2022_Zu m_Stand_von_Wortschatz_und_Leseverhalten.pdf, S. 4 f.; Stand: 1. Juni 2023), wenn ja, hat sie sich zu diesen eine eigene Auffassung gebildet, und welche ist das gegebenenfalls?
Im Mittelpunkt der in der Frage erwähnten Studie steht insbesondere der Zusammenhang zwischen Lesehäufigkeit und Entwicklung des Wortschatzes im Grundschulalter. Zwar wurden auch Entwicklungsunterschiede im Leseverhalten (Buch/Bildschirm) verzeichnet. Diese fielen aber zum einen geringer aus als mit Blick auf die Lesehäufigkeit. Zum anderen ist in diesem Zusammenhang an die Stavanger Erklärung zu erinnern, in der von wissenschaftlicher Seite aus das Lesen am Bildschirm für bestimmte Textsorten für unproblematisch oder auch sinnvoll bezeichnet wird. Eine solche Differenzierung nach Textsorten liegt in der oben genannten Studie nicht vor.
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27,341
19. Sieht die Bundesregierung auch eine Notwendigkeit, die Nutzung digitaler Geräte aus pädagogischen Gründen in bestimmten Altersstufen zu begrenzen?
Nach der föderalen Kompetenzordnung des Grundgesetzes sind für Fragen des Bildungswesens im pädagogischen Bereich ausschließlich die Länder zuständig.
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27,342
stätten in Bielefeld und Rotenburg an der Fulda, darüber hinaus die Bundespolizeisportschulen Bad Endorf und Kienbaum, sowie das Bundespolizeitrainingszentrum Kührointhaus. 1. Wie viele Ausbildungsplätze stehen bei der Bundespolizei pro Ausbildungsjahr zur Verfügung (bitte nach Verwendung und Ausbildungsjahrgang getrennt aufschlüsseln)?
Die der Bundespolizei zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze ergeben sich aus den erforderlichen Einstellungs- und Ausbildungsvorhaben zum Planstellenerhalt infolge künftiger Abgänge in Folge von Pensionierungen und zum Ausgleich sonstiger Abgänge sowie Besetzung zusätzlicher Planstellen. Es gibt insofern keine feststehende Zahl an Ausbildungsplätzen. Die Anzahl der im Zeitraum von 2013 bis 2023 zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze ist der Antwort zu Frage 2 zu entnehmen.
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27,343
2. Wie hat sich die in Frage 1 erfragte Zahl der Ausbildungsplätze bei der Bundespolizei in den letzten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Verwendung und Ausbildungsjahrgang getrennt aufschlüsseln)?
In den Jahren 2013 bis 2022 hat die Bundespolizei 28 908 Einstellungs- und Ausbildungsvorhaben realisiert, und dabei zu 97,9 Prozent die Vorgaben ihrer Einstellungsplanung (29 523) erreicht. Die Zahlen haben sich wie in folgender Tabelle im Einzelnen dargestellt entwickelt. Das SOLL beschreibt die zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze des jeweiligen Kalenderjahres in der entsprechenden Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes. Im Verhältnis dazu stellt das IST die realisierten Einstellungs- und Ausbildungsvorhaben der Bundespolizei als Ausbildungsjahrgang eines Kalenderjahres dar. Ein negativer Saldo weist auf vakante Ausbildungsplätze hin, während ein positiver Saldo die erfolgreichen Bemühungen der Bundespolizei aufzeigt, vakante Ausbildungsplätze nachträglich zu besetzen und/oder eine günstige Bewerberlage am Ausbildungsmarkt auszuschöpfen. LhPVD LgPVD* LmPVD SOLL IST Saldo SOLL IST Saldo SOLL IST Saldo 2013 Ø 25 11 -14 200* 200 0 800 779 -21 2014 12 -13 200* 204 +4 850 880 +30 2015 40 +15 289* 282 -7 1.203 1.231 +28 2016 19 -6 935 887 -48 1.870 1.854 -16 2017 16 -9 750 753 +3 2.320 2.264 -56 2018 40 +15 990 1.004 +14 2.225 2.374 +149 2019 24 -1 1.319 907 -412 2.563 2.647 +84 2020 33 +8 1.301 1.275 -26 3.589 3.499 -90 2021 63 +38 1.455 1.486 +31 3.391 3.220 -171 03/2022 21 -4 790 790 +/- 0 09/2022 790 770 -20 1.443 1.323 -120 03/2023 *** 670 594 -76 09/2023 1.390 ** 1.563 ** Gesamt 275 279 +29 9.619 7.768 -461 23.277 21.455 -259
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27,344
26. Welche Aufenthaltstitel gewähren aktuell keinen Zugang zum Integrationskurs (bitte einzeln ausweisen)?
Eine Aufzählung von Aufenthaltstiteln, die den Zugang zum Integrationskurs ermöglichen oder umgekehrt nicht ermöglichen, ist nicht möglich, da das Vorliegen eines bestimmten Aufenthaltstitels keine Voraussetzung für den Zugang zum Integrationskurs darstellt. Die jeweils konkreten Voraussetzungen für den Zugang zum Integrationskurs sind in den §§ 44, 44a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) geregelt. Zwar ist der Anspruch auf den Besuch eines Integrationskurses für Personen mit bestimmten Aufenthaltstiteln vorgesehen (vgl. § 44 Absatz 1 AufenthG), jedoch bestehen neben diesen Tatbeständen weitere Zugangsmöglichkeiten unter eigenen Voraussetzungen, die nicht an Aufenthaltstitel anknüpfen. Insofern erfolgt im Rahmen der Zulassung nach § 44 Absatz 1 AufenthG eine Einzelfallprüfung. So können spezifische Voraussetzungen des jeweiligen Aufenthaltstitels einer Zulassung entgegenstehen. Ein solches Hindernis kann z. B. vorliegen, wenn der Aufenthaltstitel bereits ausreichende Sprachkenntnisse auf B1-Niveau voraussetzt. Zudem können Inhaberinnen und Inhaber von nicht in § 44 Absatz 1 AufenthG aufgeführten Aufenthaltstiteln auf Antrag zur Teilnahme an einem Integrationskurs unter den Voraussetzungen des § 44 Absatz 4 AufenthG zugelassen werden.
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27. Welche Aufenthaltstitel gewähren aktuell keinen Zugang zum Berufssprachkurs (bitte einzeln ausweisen)?
Die Erteilung einer Berechtigung zur Teilnahme an einem Berufssprachkurs richtet sich allein nach den individuellen Zugangsvoraussetzungen nach § 4 Absatz 1 der Deutschsprachförderverordnung (DeuFöV), Beschränkungen nach Aufenthaltstiteln erfolgen nicht. Demnach kann eine Teilnahmeberechtigung dem Grunde nach erteilt werden, wenn der Berufssprachkurs notwendig ist – zur Verbesserung der Chancen auf dem Arbeits- oder Ausbildungsmarkt, – zur Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses oder für den Zugang zum Beruf, – zur Unterstützung bei einer oder zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung im Sinne von § 57 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch.
268496
27,346
Vorbemerkung der Fragesteller Deutschland verliert nach einer aktuellen Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Wettbewerb mit 20 anderen führenden Wirtschaftsnationen weiter an Wettbewerbsfähigkeit (https://www.z ew.de/das-zew/aktuelles/deutschland-ist-der-grosse-verlierer-im-standortwettb ewerb). Demgegenüber muten nach Ansicht der Fragesteller die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP verblendet an: „Wir wollen mehr Innovation, mehr Wettbewerbsfähigkeit, mehr Effizienz, gute Arbeit und klimaneutralen Wohlstand. Dafür brauchen wir ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen und mehr Tempo“ (S. 25 des Koalitionsvertrags). „Wir werden Unternehmen und Beschäftigte bestmöglich unterstützen, Innovation fördern und neues Zutrauen in Gründergeist, Innovation und Unternehmertum schaffen“ (S. 64 des Koalitionsvertrags). Bisher konnte die Bundesregierung aus Sicht der Fragesteller weder ein schlüssiges Konzept zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit vorlegen noch geeignete Maßnahmen dazu umsetzen. Da verwundert es nach Ansicht der Fragesteller nicht, dass laut der ZEW-Studie Deutschland der große Verlierer im Standortwettbewerb sei. Grund dafür seien zu viel Bürokratie, die hohe Steuerlast, sinkende Innovationsbereitschaft, hohe Energiekosten und der Arbeitskräftemangel. Deutschland könne mit Spitzenstandorten in Nordamerika, Westeuropa und Skandinavien kaum noch mithalten. „Während andere Staaten in Infrastruktur investieren oder ihr Steuersystem reformieren, kommt Deutschland nicht voran.“ Hier wäre es nach Auffassung der Fragesteller das Mindeste, endlich zielgerichtete Steuersenkungen auf den Weg zu bringen. Das „Handelsblatt“ titelte im vergangenen Frühjahr, dass „Deutschland bei Steuern und Abgaben weltweit auf Platz 2“ sei (https://www.handelsblatt.com/politik/studie-der-oecd-ste uern-und-abgaben-deutschland-ist-vize-weltmeister/28368128.html). Gleichzeitig verzeichnete der Fiskus sowohl im Haushaltsjahr 2021 (https://d e.statista.com/infografik/26715/steuereinnahmen-pro-quartal-in-deutschland/) als auch für das Jahr 2022 (https://www.boerse.de/nachrichten/Dank-hoher-Inf lation-Rekord-Steuereinnahmen-erwartet/34260764) zweimal in Folge Rekordeinnahmen.
Vorbemerkung der Bundesregierung Die mittelfristigen Herausforderungen für die deutsche Volkswirtschaft, insbesondere die Dekarbonisierung, die Digitalisierung, der demografische Wandel sowie eine etwaige Neuordnung der Weltwirtschaft, erfordern eine Stärkung der Angebotspolitik. Ziel der Bundesregierung ist es, die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland insgesamt zu stärken, um den Wohlstand in einer globalisierten Welt zu sichern und zu steigern. Im Einklang mit der strategischen Ausrichtung der deutschen Finanzpolitik sind insbesondere wachstums- und innovationsfreundliche steuerliche Rahmenbedingungen wichtig zur Stärkung des gesamtwirtschaftlichen Angebots. Die Steuerpolitik kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten und gleichzeitig Modernisierung und Transformation zur digitalen und klimaneutralen Wirtschaft unterstützen. Dabei gilt es, Deutschland – aber auch die EU – als Investitionsstandort im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Mittelstand zu erhalten. Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist es wichtig, dass sich Deutschland als attraktiver Standort für Kapital und Fachkräfte international behauptet. Die Bundesregierung hat das Ziel, unter Einhaltung der Regelgrenze der Schuldenregel, für Unternehmen ein steuerliches Umfeld zu schaffen, das die Investitionsfähigkeit stärkt, Investitions- und Innovationsanreize verbessert und Bürokratie reduziert. Dies ist maßgeblich für Produktivitätswachstum und wirtschaftlichen Erfolg. Bei Vergleichen der Wettbewerbsfähigkeit von internationalen Standorten gehen regelmäßig eine Vielzahl von Faktoren ein. Die Besteuerung von Unternehmen ist dabei ein Aspekt neben Faktoren wie stabile politische Rahmenbedingungen, Verkehrsinfrastruktur, Verfügbarkeit qualifizierter Fachkräfte oder die Größe der Absatzmärkte. Daher geht es darum, ein ganzes Bündel an Standortfaktoren zu verbessern, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu fördern.
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1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die tatsächliche Steuerbelastung für Unternehmen und Einzelpersonen in Deutschland im Vergleich zu allen anderen Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (bitte nach Personengruppen und Familienstand aufschlüsseln)?
Eine umfangreiche und aktuelle Darstellung der Steuerbelastung, maßgeblich auf Basis von Ansätzen der OECD, im Vergleich zu anderen OECD-Staaten und nach Personengruppe/Familienstand kann der regelmäßig erscheinenden Broschüre des Bundesministeriums der Finanzen „Die wichtigsten Steuern im internationalen Vergleich“ entnommen werden (https://www.bundesfinanzmini sterium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/die-wichtigste n-steuern-im-internationalen-vergleich-2021.pdf?__blob=publicationFile& v=10).
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2. Investiert der Staat nach Auffassung der Bundesregierung bei einer im internationalen Vergleich relativ hohen Steuerbelastung die daraus eingenommenen Steuergelder besser und effizienter als es die Unternehmen und Bürger tun würden?
Zunächst ist festzuhalten, dass öffentliche und private Investitionen ein anderes Ziel verfolgen und sich beide Kategorien daher nicht einfach hinsichtlich Qualität und Effizienz vergleichen lassen. Während private Investitionen unter Renditezielen erfolgen, zielen öffentliche Investitionen insbesondere auf die Bereitstellung öffentlicher Güter wie der staatlichen Infrastruktur ab, welche den Bür- gern und Unternehmen Nutzen stiften. Dabei wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den erhobenen Steuern, die Bürgern und Unternehmen Mittel aus der eigenen Verwendung entziehen, und den damit finanzierten öffentlichen Leistungen angestrebt. Öffentliche Investitionen sollen vor allem in den Bereichen erfolgen, wo private Investitionen beispielsweise aufgrund von Marktversagen ausbleiben.
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3. Welche Auswirkungen hat die geltende Steuerbelastung auf das Sozialsystem, und wie würden sich nach Kenntnis der Bundesregierung Steuersenkungen auf die Finanzierung von Leistungen im Bereich a) der Rentenversicherung, b) der gesetzlichen Krankenversicherung, c) der Pflegeversicherung, d) der Arbeitslosenversicherung auswirken?
Eine sinkende Abgabenbelastung – gemessen am Anteil der Sozialabgaben und Steuern am Arbeitseinkommen – führt auf Unternehmensseite zu geringeren Lohnnebenkosten und stärkt dadurch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit. Dies kann die Investitionstätigkeit und die Innovationskraft der Unternehmen stärken. Auf Seiten der Bürgerinnen und Bürger erhöht eine sinkende Abgabenbelastung die Nettolöhne und schafft Anreize zur Beschäftigungsaufnahme oder auch zur Verschiebung des Ruhestands. Eine Beschäftigungsausweitung und höhere Investitions- und Konsumtätigkeit dürften für sich genommen zu einem Anstieg von Steuer- und Sozialbeitragseinnahmen und ggf. Minderausgaben in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und in der Arbeitslosenversicherung führen. Allerdings stehen diesen Effekten die Mindereinnahmen infolge einer Steuersenkung entgegen. Welcher der beiden Effekte überwiegt, hängt von vielen Faktoren ab. Ein wichtiger Aspekt in Zeiten des demografischen Wandels ist etwa, ob und wie sich ein Anreiz in Form von Nettolohnerhöhungen auf die (Lebens-)Arbeitszeit der Bürgerinnen und Bürger auswirkt. Zu beachten ist ferner, dass das Konzept der Abgabenbelastung rein partialanalytisch ist: So dienen Steuereinnahmen etwa auch der Finanzierung von Staatsausgaben zur Verbesserung der Standortbedingungen, die wiederum zu einer Ausweitung der wirtschaftlichen Aktivität und Steigerung der Steuereinnahmen führen können. Zwar hat Deutschland nach Berechnungen der OECD für einen Einpersonenhaushalt mit Durchschnittseinkommen die zweithöchste Abgabenbelastung aller verglichenen Industrieländer, jedoch ist diese seit dem Jahr 2018 in Deutschland rückläufig. Dies ist auf steuerpolitische Maßnahmen zurückzuführen, wie die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für die allermeisten Einkommensgruppen, die Erhöhung des Grundfreibetrags und den Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer. Bei den Sozialabgaben erfolgten seit dem Jahr 2018 sowohl Beitragssenkungen (temporäre Absenkung des Beitragssatzes zur Arbeitsförderung von 2019 bis 2022) als auch -anhebungen (Anhebung der Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Erhöhung des Beitragssatzes in der sozialen Pflegeversicherung im Jahr 2019). Zu 3a: Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Steuerbelastung und der Finanzierung von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Zu 3b und 3c: In der gesetzlichen Krankenversicherung führte eine Senkung des Umsatzsteuersatzes bei der Lieferung preisgebundener Arzneimittel zu sinkenden Aus- gaben der Krankenkassen in diesem Ausgabenbereich. Eine Senkung des Umsatzsteuersatzes für rezeptpflichtige Arzneimittel würde jedoch unweigerlich entsprechende Forderungen nach einer Begünstigung auch für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sowie aus anderen Wirtschaftsbereichen nach sich ziehen. Vor diesem Hintergrund existiert keine Entscheidung der Bundesregierung, ob und in welchem Umfang eine Änderung der ermäßigten Umsatzsteuersätze initiiert werden soll. Bei Hilfsmitteln hängen die Auswirkungen auf die Ausgaben der Krankenkassen davon ab, ob die Steuersatzsenkung im Preis auf Grund vertraglicher Regelungen weitergegeben werden müsste oder freiwillig weitergegeben würde. In der sozialen Pflegeversicherung bestehen nur geringfügige direkte steuerliche Umsatzsteuerbelastungen, im Wesentlichen im Bereich der Pflegehilfsmittel. Die Höhe der Einkommensteuer hat zudem direkte Auswirkungen auf die Leistungshöhe und damit die Finanzierung des Krankengelds und des Pflegeunterstützungsgeldes. Das Krankengeld beträgt mindestens 70 Prozent des Nettoregelentgelts, jedoch nicht mehr als 90 Prozent des Bruttoregelentgelts. Das Pflegeunterstützungsgeld beträgt 90 Prozent des tatsächlich ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts aus beitragspflichtigem Arbeitsentgelt des Anspruchsberechtigten; bei Bezug von Einmalzahlungen in den vorangegangenen zwölf Kalendermonaten 100 Prozent des tatsächlich ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Es darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze nicht überschreiten. Somit wäre bei einer Senkung der Lohnsteuerbelastung von einer Anhebung der Leistungsausgaben für das Krankengeld und das Pflegeunterstützungsgeld auszugehen. Zu 3d: Wie in der Rentenversicherung besteht auch in der Arbeitslosenversicherung kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Steuerbelastung und der Finanzierung der Arbeitslosenversicherung. Steuersenkungen können gleichwohl Auswirkungen auf die Leistungshöhe haben, und somit zu Mehrausgaben beim Arbeitslosen-, Kurzarbeiter- und Insolvenzgeld führen. Das Arbeitslosengeld beträgt für Arbeitslose mit Kind im Sinne des Steuerrechts 67 Prozent und für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent des pauschalierten Nettoarbeitsentgelts (§ 149 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – SGB III). Das pauschalierte Nettoarbeitsentgelt (Leistungsentgelt) wird ermittelt, indem das Bruttoarbeitsentgelt, das in der Regel im letzten Jahr vor der Entstehung des Leistungsanspruchs durchschnittlich erzielt worden ist, um pauschalierte Abzüge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge vermindert wird (§ 153 Absatz 1 SGB III). Als Abzugsbetrag für die Lohnsteuer ist der Wert zu berücksichtigen, der sich nach dem vom Bundesministerium der Finanzen bekannt gegebenen Programmablaufplan zu Beginn des Jahres ergibt, in dem Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden ist. Da ein pauschaliertes Nettoarbeitsentgelt ermittelt wird, bleiben Freibeträge und Pauschalen, die nicht jeder Arbeitnehmerin oder jedem Arbeitnehmer zustehen, unberücksichtigt (§ 153 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 SGB III). Gesetzliche Änderungen im Steuerrecht, die den sich nach Programmablaufplan ergebenden Abzugsbetrag für die Lohnsteuer vermindern und nicht auf der Erhöhung von individuellen Freibeträgen und Pauschalen beruhen, bewirken dementsprechend grundsätzlich einen höheren Leistungsbetrag. Die Regelungen des § 153 Absatz 1 SGB III zur Ermittlung des Leistungsentgelts gelten für die Berechnung der pauschalierten Nettoentgelte, die die Grundlage für die Ermittlung der Höhe des Kurzarbeitergeldes bilden, entsprechend (§ 106 Absatz 1 Satz 6 SGB III). Das Insolvenzgeld wird in der Regel in Höhe des Nettoarbeitsentgelts gezahlt. Es ergibt sich, indem das monatliche Bruttoarbeitsentgelt, begrenzt auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze, um die gesetzlichen Abzüge vermindert wird (§ 167 Absatz 1 SGB III). Hierbei ist das Nettoeinkommen für den jeweiligen Abrechnungszeitraum durch Anwendung der Lohnsteuertabellen zu ermitteln. Der Lohnsteuerjahresausgleich bleibt unberücksichtigt. Gesetzliche Änderungen im Steuerrecht bewirken dementsprechend grundsätzlich einen veränderten Leistungsbetrag.
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4. Wie könnten Steuersenkungen nach Auffassung der Bundesregierung dazu beitragen, die Entstehung von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung zu reduzieren?
Der Bundesregierung liegen keine Zahlen vor, wie Steuersenkungen dazu beitragen können, die Entstehung von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung zu reduzieren. Festzuhalten ist aber, dass bereits eine ganze Reihe von wirksamen Maßnahmen (z. B. Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung) eingesetzt wird, um Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung effizient zu bekämpfen.
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5. Würde nach Einschätzung der Bundesregierung eine Senkung der Steuern zu einer Erhöhung der Kaufkraft und einer Stärkung des privaten Konsums führen, und wenn ja, inwieweit? 6. Würde nach Einschätzung der Bundesregierung eine Senkung der Steuern dazu beitragen, dass die Steuerpflichtigen die inflationsbedingten Kaufkraftverluste des letzten Jahres kompensieren könnten, und wenn ja, inwieweit?
Die Fragen 5 und 6 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Ob und in welchem Umfang Steuersenkungen zu einer Erhöhung der Kaufkraft und einer Stärkung des privaten Konsums führen können, hängt von der spezifischen Ausgestaltung und den makroökonomischen Rahmenbedingungen ab. So ist beispielsweise für die unmittelbare Wirkung auf den Konsum entscheidend, welche marginale Konsumneigung die jeweils von der Steuersenkung Betroffenen aufweisen und in welchem makroökonomischen Umfeld diese stattfindet. Darüber hinaus spielt eine Rolle, welche Zweitrundeneffekte sich ergeben, z. B. mit Blick auf Inflation oder Zinsen. In Bezug auf die inflationsbedingten Kaufkraftverluste ist die Bundesregierung bereits im Rahmen der Entlastungspakete gegen ungewollte Steuerbelastungen vorgegangen, wie mit dem Inflationsausgleichgesetz zum Ausgleich der Effekte der sogenannten kalten Progression. Dies stützt die Entwicklung des privaten Konsums. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass der Staat insgesamt Kaufkraftverluste, die sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und die Einstellung der Gaslieferungen nach Deutschland ergeben, zwar abfedert, aber nicht vollständig kompensieren kann.
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7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie die Steuerbelastung in Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinträchtigt?
Die im internationalen Vergleich hohe Unternehmenssteuerbelastung hat Auswirkung auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings lässt sich eine genaue Wirkung – auch mit Blick auf die Vielzahl und Komplexität aller Faktoren, die auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit einwirken – nicht quantifizieren. Die Bundesregierung arbeitet kontinuierlich daran, die Investitionsbedingungen für Unternehmen zu verbessern, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft zu stärken. Dafür werden alle relevanten Standortfaktoren betrachtet, inkl. der steuerlichen Rahmenbedingungen. Ein Beispiel ist die Einigung von 138 Jurisdiktionen zur Einführung der globalen effektiven Mindestbesteuerung in Höhe von 15 Prozent. Dadurch wird der schädliche Steuerwettbewerb beendet, deutsches Steuersubstrat geschützt und die relative Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gestärkt. Deutschland plant die nationale Anwendung ab dem 31. Dezember 2023. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.
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8. Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Steuerbelastung auf die Bereitschaft von Unternehmen, in Deutschland zu investieren?
Entscheidend für die Bereitschaft von Unternehmen, in Deutschland zu investieren, ist die erwartete Rendite der Investitionen. Diese ist neben der Steuerbelastung auch von einer Vielzahl anderer Faktoren abhängig. Unter sonst gleichen Bedingungen würde eine sinkende Steuerlast die Rendite der Investitionen erhöhen. Die Bundesregierung hat das Ziel, für Unternehmen ein Umfeld zu schaffen, dass die Investitionsfähigkeit stärkt, Investitions- und Innovationsanreize verbessert und Bürokratie reduziert.
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9. Welche Rolle spielen die Faktoren Steuerbelastung, Compliance-Aufwand und Bürokratie bei der Standortwahl von Unternehmen im internationalen Kontext aus Sicht der Bundesregierung?
Steuerpolitik ist ein bedeutsamer Standortfaktor. Die Bundesregierung wird mit neuen Gesetzesinitiativen für Vereinfachungen und eine Fortentwicklung des Steuerrechts sorgen, welche u. a. den Compliance-Aufwand reduzieren, sowie zusätzlich Investitionsanreize setzen und neue Wachstumsimpulse schaffen.
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10. Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Steuerbelastung der Unternehmer auf deren Leistungswillen und deren Leistungsbereitschaft?
Bei ansonsten unveränderten Annahmen dürften sich niedrigere Kosten generell – und damit auch Steuersenkungen – positiv auf Leistungswillen und Leistungsbereitschaft renditeorientierter Unternehmer auswirken. Auf den Leistungswillen und die Leistungsbereitschaft der Unternehmer wirkt jedoch eine Vielzahl weiterer Faktoren ein. Die Auswirkungen der Steuerbelastung können daher nicht isoliert quantifiziert werden.
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11. Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Steuer- und Sozialversicherungsbelastung der Arbeitnehmer auf deren Leistungswillen, deren Leistungsbereitschaft und die Wahl der wöchentlichen Arbeitszeit, und welche Rolle spielt dies im Kontext des aktuellen Fachkräftemangels?
Eine hohe Steuer- und Sozialversicherungsbelastung könnte grundsätzlich den Leistungswillen und die Leistungsbereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern senken und mit negativen Arbeitsanreizen verbunden sein. Die Bundesregierung ist sich bewusst, dass von Bürgerinnen und Bürgern erwartet wird, dass Steuern und Abgaben in einem angemessenen Verhältnis zu den staatlichen Leistungen stehen, die damit finanziert werden. In Deutschland fällt die Steuer- und Abgabenbelastung auf Arbeitseinkommen in einer OECD-weiten Betrachtung hoch aus. Gleichzeitig profitieren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland von einem relativ starken sozialen Sicherungsnetz, einem breiten Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und einem größtenteils öffentlich finanzierten Bildungssystem. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Alterung, der zunehmenden Fachkräfteengpässe und des globalen Wettbewerbs um Talente ist es wichtig, dass Deutschland seine Attraktivität als Standort erhält bzw. verbessert. Dafür gilt es, diese Balance im Blick zu behalten und die Entwicklung der Abgabenquote zu beobachten (siehe auch Jahreswirtschaftsbericht 2023). Durch Maßnahmen wie den zeitnahen Ausgleich der kalten Progression im Rahmen des Inflationsausgleichsgesetzes leistet die Bundesregierung einen wichtigen Beitrag, um Fehlanreize in Hinblick auf das Arbeitsangebot zu vermeiden und die Leistungsgerechtigkeit und Fairness zu stärken. Darüber hinaus ergreift die Bundesregierung umfangreiche Maßnahmen zur Fachkräftesicherung (siehe Antwort zu Frage 23).
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12. Führt die Steuerbelastung in Deutschland nach Erkenntnissen der Bundesregierung zu einer geringeren Innovation und geringeren Investitionen in Forschung und Entwicklung, und wenn ja, inwieweit?
Die steuerpolitischen Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Faktor, um einerseits die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu erhalten und zu verbessern und andererseits die Modernisierung zu unterstützen. Innovationen und Investitionen werden in Deutschland auf mehrere Arten gefördert. Zum einen durch diverse Projektförderprogramme, aber auch durch die seit dem Jahr 2020 in Deutschland eingeführte steuerliche Forschungsförderung in Form einer Forschungszulage. Die Forschungszulage ist dabei eine wichtige Maßnahme zur Erhöhung der Attraktivität des Forschungs- und Innovationsstandorts Deutschland. Sie kann von allen in Deutschland steuerpflichtigen forschenden Unternehmen beantragt werden. Als Ergänzung der in Deutschland breit gefächerten außersteuerlichen Projektförderung soll und kann sie auch solchen Unternehmen und Branchen helfen, die von bestehenden Projektförderprogrammen bislang nicht erreicht werden bzw. diesen Programmen reserviert gegenüberstanden. Wichtige Elemente sind dabei die Ausgestaltung der Forschungszulage als gewinnunabhängige steuerliche Förderung und die Berücksichtigung auch von Auftragsforschung. Sowohl die Projektförderprogramme wie auch die Forschungszulage führen zu mehr Investitionen in Innovationen.
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13. Wie würden – sofern der Bundesregierung hierzu Einschätzungen vorliegen – die Einsparungen von Unternehmen und Einzelpersonen aufgrund der Steuersenkungen reinvestiert werden, und welche Auswirkungen hätte dies auf die deutsche Wirtschaft?
Wie und in welchem Umfang sich Steuersenkungen auf makroökonomische Größen wie Konsum, Ersparnis oder Investitionen auswirken, hängt von der spezifischen Ausgestaltung und den vielfältigen Rahmenbedingungen ab (vergleiche vorhergehende Antworten).
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14. Würde eine Senkung der Steuern nach Einschätzung der Bundesregierung dazu beitragen, die Einkommensungleichheit in Deutschland zu verringern, und wenn ja, inwiefern?
Der Einfluss von Steuersenkungen auf die Einkommensungleichheit in Deutschland hängt von Art und Struktur der Steuersenkungen sowie den möglichen makroökonomischen Auswirkungen ab.
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15. Würde eine Senkung der Steuern nach Einschätzung der Bundesregierung dazu beitragen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu fördern, und wenn ja, wie?
Wie und in welchem Umfang sich Steuersenkungen auf KMU auswirken, hängt von der spezifischen Ausgestaltung, den sonstigen, u. a. makroökonomischen Rahmenbedingungen und den Präferenzen der KMU ab.
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16. Wie könnte eine Senkung der Steuern nach Einschätzung der Bundesregierung den Arbeitsmarkt in Deutschland beeinflussen a) in Bezug auf Neueinstellungen,
Neueinstellungen sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig. Die Wirkung von Steuersenkungen auf Neueinstellungen hängt dabei auch von der Art der Steuersenkung ab. Ein Umfeld mit geringer steuerlicher Belastung von Unternehmen könnte zu Investitionen und Neueinstellungen anregen.
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b) bei einem Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit,
Die Entscheidung zu einer Teilzeitstelle hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, darunter auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eine Senkung der Lohnsteuer erhöht die Nettolöhne, womit eine Ausweitung des Arbeitsangebots verbunden sein kann.
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c) bei Tätigkeiten während des Rentenbezugs?
Die Entscheidung zu einer Tätigkeit während des Rentenbezugs hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Eine geringere steuerliche Belastung von Arbeitseinkommen von Rentenbeziehern stärkt unter ansonsten gleichbleibenden Bedingungen deren Arbeitsanreize.
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17. Könnten nach Einschätzung der Bundesregierung Steuersenkungen dazu beitragen, die Digitalisierung und die Entwicklung neuer Technologien in Deutschland zu fördern, und wenn ja, wie?
Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die bei Investitionsentscheidungen einbezogen werden. Dazu zählt auch die steuerliche Belastung von Investitionen. Steuersenkungen könnten zusätzliche Investitionen in neue Technologien und Digitalisierung anregen.
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18. Wie könnten nach Einschätzung der Bundesregierung andere Länder auf eine Senkung der deutschen Steuern reagieren, und wie würde das die wirtschaftlichen Beziehungen beeinflussen?
Als größte Volkswirtschaft Europas hat die deutsche Steuerpolitik auch für Deutschlands Nachbarstaaten Bedeutung. Steuersenkungen in Deutschland könnten diese unter Zugzwang setzen, die eigenen Steuern ebenfalls zu senken. Deutschland wurde vom Internationalen Währungsfond (IWF) hinsichtlich der Körperschaftsteuerbelastung als „Ankerstaat“ identifiziert. Umgekehrt muss Deutschland aber auch bei Steuersenkungen in Nachbarstaaten prüfen, ob eine eigene Reaktion geboten ist. Darüber hinaus bleiben die generellen Wirtschaftsbeziehungen davon unberührt.
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19. Würde nach Einschätzung der Bundesregierung eine Senkung der Steuern zur Stärkung der Verhandlungsposition Deutschlands bei internationalen Handelsabkommen beitragen, und wenn ja, inwiefern?
Die Verhandlungen von internationalen Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Drittstaaten führt EU-seitig die Europäische Kommission. Die jeweiligen Verhandlungsinhalte werden auf europäischer Ebene bestimmt. Ein wesentlicher Faktor für die Verhandlungsstärke der EU ist die Attraktivität des erleichterten Zugangs zum Europäischen Binnenmarkt. Die Mitgliedstaaten der EU sollten aber auch ein wachstums- und innovationsfreundliches Umfeld anbieten und so die Attraktivität der EU verbessern und ihre Verhandlungsposition stärken.
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20. Welche Alternativen zur Senkung der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer verfolgt die Bundesregierung gegebenenfalls, um die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu stärken?
Die Bundesregierung plant, eine Vereinfachung und Fortentwicklung des Steuerrechts anzustoßen. Zusätzlich sollen Investitionsanreize gesetzt werden und so die Transformation und Modernisierung der Wirtschaft beschleunigt werden. Das ist auch und vor allem im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Zudem werden die steuerlichen Befolgungskosten gesenkt. Auf die Ausführungen zur Einführung der globalen effektiven Mindestbesteuerung in Deutschland in der Antwort zu Frage 7 wird verwiesen.
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21. Wie viele Unternehmen und Fachkräfte sind nach den Erkenntnissen der Bundesregierung in den vergangenen zehn Jahren aus Deutschland abgewandert, und liegen der Bundesregierung Informationen dazu vor, was die Gründe dafür waren?
Das Statistische Bundesamt untersucht die Verlagerung von Firmensitzen ins Ausland im Rahmen des Projekts und der Piloterhebung zu „Globalen Wertschöpfungsketten“ (freiwillige wirtschaftsabschnittübergreifende Erhebung bei Unternehmen). Ergebnisse für den Berichtszeitraum 2018 bis 2020 werden unter folgendem Link veröffentlicht: www.destatis.de/gvc. Darunter findet sich auch ein Text zur Verlagerung von Unternehmensfunktionen: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Unternehme n/Globale-Wertschoepfungsketten-von-Unternehmen-Deutschland/_aktuell-3.html. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse zu den erfragten Daten bezüglich der Abwanderung von Unternehmen und Fachkräften aus Deutschland vor. Private Investitionsentscheidungen sind komplex und basieren u. a. auf Aspekten wie Marktnähe, Transportkosten, regulatorischem Umfeld, Förderungen am jeweiligen Standort, Verfügbarkeit von Fachkräften und Infrastruktur.
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22. Geht die Bundesregierung davon aus, dass Deutschland das aktuelle Wirtschaftswachstum und den aktuellen Wohlstand mit der aktuellen Steuerbelastung aufrechterhalten kann?
Die Steuerbelastung ist ein Faktor, der Einfluss auf die mittel- und langfristige Entwicklung von Wachstum und Wohlstand haben kann. Deutschland steht aufgrund der Dekarbonisierung, der Digitalisierung, des demografischen Wandels und der geopolitischen Veränderungen vor großen strukturellen Herausforderungen, deren Bewältigung über die mittel- und langfristigen wirtschaftlichen Aussichten entscheiden wird. Um diese Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können, verfolgt die Bundesregierung in ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik eine Angebotspolitik zur Mobilisierung privater Investitionen, Stärkung des Arbeitskräfteangebots und Erhöhung der volkswirtschaftlichen Produktivität (siehe Antwort zu Frage 23). Dazu gehört auch, die Höhe der Steuern und Abgaben im Blick zu behalten (siehe hierzu den Jahreswirtschaftsbericht 2023, insbesondere Kapitel G).
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23. Hält die Bundesregierung die Befürchtungen verschiedener Institute (DIW, IfW, RWI Essen; Quelle: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/ko njunktur/konjunktur-213.html) für realistisch, die besagen, dass das Wirtschaftswachstum langfristig rückläufig ist? a) Falls ja, welche Auswirkungen wird dies aus Sicht der Bundesregierung auf die Faktoren Wohlstand, Arbeitsplätze und Lebensqualität in der Bevölkerung haben? b) Falls ja, welche Maßnahmen könnten diese Entwicklung aus Sicht der Bundesregierung aufhalten? c) Falls ja, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um dieser Entwicklung entgegenzusteuern? d) Falls nein, warum nicht?
Die Fragen 23 bis 23d werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung geht in ihren Schätzungen zur Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials davon aus, dass dessen Entwicklung und damit das Wirtschaftswachstum in der mittleren und längeren Frist – demografiebedingt durch einen rückläufigen und mittelfristig negativen Wachstumsbeitrag des Faktors Arbeit gedämpft wird. Die Rückwirkung dieser Entwicklung auf den Wohlstand der Volkswirtschaft ist nicht umfassend darstellbar, da es eine Vielzahl von Definitionen für Wohlstand gibt. In diesem anspruchsvollen Umfeld braucht Deutschland eine zukunfts- und stabilitätsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik, die das Wirtschaftswachstum angebotsseitig erhöht, der Inflation keinen zusätzlichen Auftrieb gibt und finanzpolitische Handlungsspielräume schafft. Um den kurz- und mittelfristigen Herausforderungen zu begegnen, wird die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für mehr Investitionen und Innovationen verbessern und so die volkswirtschaftliche Produktivität steigern und den Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb stärken. Sie verfolgt eine Finanzpolitik, die effizient, vorausschauend und gestaltend agiert. Hierfür stützt sie sich neben der kurzfristigen Stabilisierung in der Krise auf eine nachhaltigkeits- und wachstumsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik und eine klare Ausrichtung am Ziel fiskalischer Resilienz und finanzpolitischer Stabilität. Die Fachkräftesicherung ist eines der zentralen Projekte dieser Bundesregierung. Mit ihrer neuen Fachkräftestrategie stellt sie einen modernen und branchenübergreifenden Rahmen bereit für Maßnahmen in den folgenden fünf prioritären Handlungsfeldern: zeitgemäße Ausbildung, gezielte Weiterbildung, Arbeitspotenziale und Erwerbsbeteiligung erhöhen, Arbeitsqualität und Arbeitskultur verbessern sowie Einwanderung modernisieren und Abwanderung reduzieren. Mit dem Entwurf zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat die Bundesregierung zeitgemäße Rahmenbedingungen zur Erhöhung qualifizierter Erwerbseinwanderung aus Nicht-EU-Ländern auf den Weg gebracht. Um die Leistungspotenziale der Erwerbsbevölkerung zu erhöhen, setzt die Bundesregierung bspw. beim neuen Bürgergeld gezielte Anreize zur Weiterbildung und beabsichtigt, die Möglichkeiten für berufliche Neuorientierung und Qualifizierung weiter zu verbessern. Neben qualifizierter Zuwanderung und der noch stärkeren Aktivierung des Erwerbspotenzials von Frauen und Älteren, Arbeitslosen und Zugewanderten wird die Steigerung der Produktivität zunehmend entscheidend für die mittelfristigen Wachstumsaussichten der deutschen Volkswirtschaft sein. Dafür sind Investitionen und Innovation zentral. Zur Verbesserung der Angebotsbedingungen setzt die Bundesregierung u. a. auf die steuerliche Forschungsförderung und plant eine neue Investitionsprämie für Zwecke der Transformation und Modernisierung der Wirtschaft.
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